Bei der Elektromyostimulation (EMS) wird die Muskelzelle direkt durch elektrische Reize stimuliert.

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Stuttgart – Viele Fitnessstudios in Deutschland und Österreich werben mit dem neuen Sporttrend EMS (Elektromyostimulation). Nur 20 Minuten Training pro Woche sollen für einen straffen und schlanken Körper sorgen, lautet das Versprechen. Das soll dadurch gelingen, indem die Muskeln während des normalen Trainings zusätzlich mit elektrischem Strom stimuliert werden.

Doch die angebliche "Wundermethode" hat Tücken, wie Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN) nun warnt. Dass das Training wirklich den gewünschten Effekt bringt, ist nicht bewiesen. Falsch angewendet kann EMS sogar zu Schäden an Muskeln und Nieren führen, betonen die Experten.

Die DGKN rät daher von EMS-Training im Breitensport ab: Die Methode sollte nur unter Anleitung ausgebildeter Sportmediziner und Physiotherapeuten zum Einsatz kommen. Die Wirkungsweise der Methode: Die gezielte Stromzufuhr führt zu stärkeren Muskelkontraktionen, die auch tiefere Muskelfasern erreichen und somit zum schnelleren Aufbau der Muskulatur führen. Deshalb wird etwa in der Physiotherapie und im Hochleistungssport EMS zum Muskelaufbau nach einer OP oder längerer Bettlägerigkeit eingesetzt.

EMS-Training maximal zweimal pro Woche

Die Massenanwendung der Methode sei allerdings noch Neuland, sagt Stefan Knecht von der DGKN: "Während Ärzte und Physiotherapeuten in dieser Methode ausgebildet wurden, ist das Personal in Fitnessstudios aber oft nicht ausreichend geschult, um die Belastung richtig einzuschätzen. "Während des EMS-Trainings trägt der Sportler einen speziellen Anzug, der den Strom in die Muskeln leitet. Der Trainer gibt Anweisungen und reguliert die Stromintensität für die einzelnen Körperregionen über ein Kontrollpanel. Verschiedene Muskelgruppen werden für einige Sekunden gezielt angespannt und anschließend wieder entlastet – durch die intensive Anspannung mit zusätzlicher Stromzufuhr ist ein kurzes Workout ausreichend.

"Der geringe Aufwand ist tückisch und kann dazu verleiten, häufiger oder ausgiebiger zu trainieren als empfohlen", sagt Knecht. "Das EMS-Training sollte höchstens ein- bis maximal zweimal pro Woche absolviert werden". Ein zu intensives Krafttraining führt zu einer erhöhten Ausschüttung der Creatin-Kinase (CK), einem Enzym, das die Muskeln mit Energie versorgt.

Gefahr, dass zu viel trainiert wird

Forscher der Sporthochschule Köln haben bereits im Jahr 2008 herausgefunden, dass der Anstieg der CK beim EMS-Training bis zu 18 Mal höher ist als beim herkömmlichen Training. Diese Extremwerte können in Einzelfällen zu Nierenschädigungen führen. Im Zweifel gilt: Wer nach dem Training Schmerzen, Herzrasen oder ein Schwächegefühl verspürt, sollte den Arzt aufsuchen.

Was die DGKN noch betont: Neben ausreichenden Erholungsphasen zwischen den Trainingseinheiten ist auch eine moderate Stromintensität wichtig. Gefahr droht, wenn jemand den Regler unkritisch nach oben dreht. "Geschultes Personal muss die Stromintensität überwachen und die Trainer müssen auf die Gefahr des Übertrainierens hinweisen", heißt es vonseiten der Fachgesellschaft.

"Das EMS-Training ist nicht geeignet, um bequem und ohne Anstrengung in Form zu kommen, denn der Trainingseffekt ist nicht bewiesen und bei falscher Anwendung ist die Methode sogar riskant", resümiert Stefan Knecht. Seine Empfehlung:: "Ein klassisches Fitnesstraining. – Das ist effektiv und sicher." (red, 10.1.2018)