Athen – Griechenland ist das einzige EU-Land, in dem die Scharia in der Region Westthrakien eingeschränkt gültig ist. Bisher waren in der Region ausschließlich muslimische Geistliche für Familien- und Erbschaftsrecht zuständig und entschieden etwa in Scheidungsfällen.

Doch jetzt sollen muslimische Geistliche nur noch dann nach islamischem Recht entscheiden, wenn beide Streitparteien dem zustimmen. Andernfalls ist die griechische Justiz zuständig. Das Parlament in Athen billigte am Dienstag mit großer Mehrheit ein entsprechendes Gesetz, auf das sich die Regierung bereits im November geeinigt hatte. Regierungschef Alexis Tsipras sprach von einem "historischen Schritt". Alle griechischen Bürger hätten nun die gleichen Rechte.

Die Scharia gilt in Griechenland eingeschränkt seit 1923 in Westthrakien. In diesem Gebiet im äußersten Nordosten lebt als Folge der jahrhundertelangen osmanischen Präsenz eine muslimische Minderheit.

Die Anwendung islamischen Rechts in Griechenland hatte in den vergangenen Jahren für Ärger und Aufsehen in Westeuropa gesorgt. Immer wieder sorgten Ehen griechischer Minderjähriger muslimischen Glaubens, die in Deutschland leben, für Schlagzeilen. An eine vollständige Abschaffung der Scharia denkt Athen derzeit jedoch nicht. "Wir respektieren die Tradition der Minderheit", hieß es aus Regierungskreisen am Abend. (APA, 9.1.2018)