Leipzig – Im erbarmungslosen Zyklus aus Fressen und Gefressenwerden in der Welt der Gliederfüßer kommt Fliegen klassischerweise die Opferrolle zu – sollte man meinen. Es gibt da allerdings auch die Gruppe der Raubfliegen (Asilidae), und die drehen den Spieß um. Vor ihnen müssen sich Wespen und sogar gefürchtete Jäger wie Libellen in Acht nehmen.

Obwohl es tausende verschiedene Arten gibt und Raubfliegen – inklusive der besonders kräftig gebauten Mordfliegen – auch in Europa vorkommen, sind sie relativ unbekannt. Forscher der Universität Leipzig sind nun der Frage nachgegangen, wie diese Insekten auf die Jagd gehen und Beute machen.

Dem Gift auf der Spur

Der Leipziger Biologe Björn Marcus von Reumont untersuchte zusammen mit deutschen, französischen und australischen Kollegen die Giftigkeit von zwei Raubfliegenarten. Fliegen sind entwicklungsgeschichtlich die jüngste Insektengruppe. Sie könnten also auch neuartige Toxine entwickelt haben.

Und tatsächlich wurden bei der Analyse des Gifts zehn Proteine nachgewiesen, die neu für die Wissenschaft sind. Darin könnte den Forschern zufolge großes Potenzial für die pharmazeutische oder der agrochemische Industrie liegen – zum Beispiel zur Produktion neuer Bioinsektizide. Die bislang gefundenen Substanzen ähneln denjenigen von giftigen Tieren wie Spinnen, Skorpionen oder Kegelschnecken, haben aber trotzdem ihre ganz eigene Zusammensetzung.

Die Forscher bauten anschließend eines der neuen Proteine auf Basis der molekularen Proteinsequenz künstlich nach und untersuchten es auf seine neurotoxische Aktivität. Bei Bienen führte es unter anderem zu Lähmungen. In seiner natürlichen Form wird dieses Gift durch das ausgeklügelte Muskelsystem des Stechapparates in hoher Geschwindigkeit dem Opfer injiziert, das oft um einiges größer ist als die alles andere als harmlose Fliege. (red, 11. 1. 2018)