Aus Portugal ist der rosa Marmor, aus dem sich das mitgenommene Gesicht eines Kobolds löst.

Foto: Redl / Courtesy Galerie Kandlhofer

Dem kleinen Kobold, dessen Kopf auf einem Podest thront, scheint die sich rosa übers Gesicht spannende Haut gleich zu bersten. Ein Auge geschwollen, die Ohren übergroß, scheint er schon viel gesehen zuhaben. Vielleicht auch jene Kinder, die in Afrika in Bergwerke geschickt wurden, um Kobalt abzubauen, wie der Künstler Markus Redl, erzählt. Die Bezeichnungen für das mythische Wesen und das chemische Element Kobalt ähneln sich nicht zufällig.

Der scheinbar fleischige Kopf ist aus rosa Portogallo-Marmor gehauen, ein Material, das sich Redl für seine jüngsten Skulpturen vorgenommen hat. In der Ausstellung Mudras in der Wiener Galerie Lisa Kandlhofer, die Arbeiten aus 15 Jahren präsentiert, wirkt auch die Skulptur Code Red Gender Button sehr fleischlich: Der rote Knopf wartet auf einem an Schenkel erinnernden Körperteil darauf, gedrückt zu werden, damit überall auf der Welt Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern eintritt.

Der geköpfte Samurai erzählt vom Bindungshormon

"Es geht immer ums Geschichtenerzählen", sagt Redl. Alle Arbeiten erzählen etwas: Der Holzbalken, der durch Muschelkalksandstein getrieben wurde und sich motorisch angetrieben um sich selbst dreht, etwa von einem schlaflosen Gehirn. Der geköpfte Samurai vom Bindungshormon Oxytocin, das als Begriff auf seinem Kopf eingemeißelt ist. Die Frau, die sich quasi dabei zusieht (dank eines zeitgerafften Super-8-Films), wie Redl sie aus einem Steinblock befreit, hält ein Blatt Papier. Auf ihm steht ein Zitat der verstorbenen Autorin Marianne Fritz: "Wenn du mein Hirn gefunden hast, erzähle ihm Vertrautes."

Erzählt wird auch in der Zeichnungsserie Apostasie – Das Abendland kommt aus dem Morgenland. Sie versammelt Bilder aus den Buchreligionen und der fernöstlichen Kulturgeschichte, bei denen auf mehreren Ebenen chiffrierte Texte Rätsel bergen. Man hat alle Informationen vor sich und kann sie – ohne Hilfe des Künstlers – doch nicht lesen.

Ein Highlight ist aber Redls Alphabet, das Symbole und Zeichnungen wie rote Fäden durchziehen. Jeder Buchstabe hat eine geheime Beziehung zu einem anderen. Sich viel Zeit fürs "Lesen" der Schau zu nehmen zahlt sich aus. (Colette M. Schmidt, 13.1.2018)