Die versammelte Redaktion der "Republik" im Dezember.

Foto: Republik / Jan Bolomey

Gestartet: die "Republik".

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Zürich – Vor mehr als einem Jahr hat der Schweizer Constantin Seibt seinen Job beim "Tages-Anzeiger" aufgegeben, um gemeinsam mit Christof Moser ("Sonntagszeitung") den Schweizer Journalismus zu retten. Das Magazin "republik.ch" soll eine Alternative zu konventionellen Onlinemedien sein, die Seibt im STANDARD-Interview als "Tretmühlen" bezeichnete, in denen nur "Bullshit" möglich sei.

Nach monatelangen Vorbereitungen startete die "Republik" am Sonntag, einen Tag früher als geplant – und zwar "wie eine Rakete", so wird es jedenfalls auf der Website des Projekts angekündigt. An selbstbewussten Ankündigungen wie dieser mangelt es dem Team nicht. Drei Tage nach dem Start eines Crowdfundings gab die "Republik" im April bekannt, den Weltrekord in Sachen Journalismus-Crowdfunding gebrochen zu haben – damals hatten 5.000 Unterstützer insgesamt zwei Millionen Franken eingezahlt (1,85 Millionen Euro).

Keine Werbung, aber strikte Paywall

Inzwischen stehe man bei 2,9 Millionen und 15.700 Abonnenten. Das Onlinemagazin soll laut Projektwebsite "leserfinanziert sein, ohne Werbung und ohne Bullshit" auskommen und trotzdem große, aufwendige Geschichten erzählen. Eine strikte Paywall wird die Öffentlichkeit von den zahlenden Mitgliedern trennen.

Auf die Dynamik der sozialen Netzwerke will man allerdings trotzdem nicht verzichten. "Abonnenten können Artikel unbegrenzt oft verschenken. Jeder kann ganze Artikel lesen – mit dem Hinweis, dass Journalismus Geld kostet", sagte Geschäftsführerin Susanne Sugimoto zum STANDARD. Allein schon aus Marketingzwecken sei das nötig, denn der laufende Betrieb sei durch die Abos, die 240 Franken (203 Euro) kosten, noch nicht ausfinanziert.

Angst, dass keiner mehr für die Artikel bezahlt, hat Sugimoto nicht. "Wir schauen, wie sich das entwickelt, wir sind kein statisches Produkt." Dass das Projekt stufenweise startet, betonen die Gründer immer wieder. Im Gegensatz zu einem Printprodukt, das ab dem ersten Erscheinungstag perfekt gelayoutet und mit Texten gefüllt aufliege, will sich die "Republik" nach und nach verbessern. "Es geht nicht um Perfektion, es geht um Perfektionierbarkeit", schreibt Seibt im Projektblog.

Abonnenten dürfen mitbestimmen

Die Crowd soll dabei helfen. Großes Vorbild, sowohl redaktionell als auch organisatorisch, ist das 2013 gegründete Onlinemedium "De Correspondent" aus den Niederlanden. Besonders die Nähe zu den Lesern beim "Correspondent" hat es den Schweizern angetan. In einer "Meta" genannten Rubrik will das Team laufend mit den Lesern in Kontakt sein und offen für Neues bleiben. "Wir rechnen damit, dass viele Leute abspringen werden", sagt Sugimoto. "Aber der 'Correspondent' hat nicht einfach sein Ding durchgezogen, sondern mit seinen Mitgliedern gesprochen. Heute ist es ein gut laufendes Magazin – weil es autorenzentriert ist." Deshalb sind alle 15.700 Mitglieder auch gleichzeitig Verleger und können unter anderem ein Vorstandsmitglied der der "Republik" vorgelagerten Aktiengesellschaft bestimmen.

Obwohl die "Republik" auch Ameisen und Wiesel, wie sie kurze, aktuelle Artikel bezeichnet, veröffentlichen will, sollen Texte zum Tagesgeschehen in der Minderheit bleiben. Für große, mehrmonatige Projekte sind pro Jahr 240.000 Franken vorgesehen. Damit das Augenmerk auf diesen "big pictures" bleibt, zwingt sich die "Republik" mit einem selbst auferlegten Limit zur Langsamkeit: "Wir versprechen, nicht mehr als drei Artikel oder Produktionen pro Tag zu veröffentlichen", heißt es auf der Website.

Update:

"Die Republik ist da – verpassen Sie sie nicht!". Mit diesen Worten startete das Medium am Sonntag, einen Tag früher als geplant. Die ersten Artikel: "Zuckerbergs Monster" über Facebook, ein Interview mit der deutschen Sprach- und Kognitionswissenschaftlerin Elisabeth Wehling oder eine Analyse über Angela Merkels Verhandlungstaktiken. (pp, 12.1.2018, Update: 15.1.2017)