Facebook baut den Newsfeed, also die "Startseite" seiner Nutzer, um. "Bedeutendere persönliche Verbindungen" und mehr Feelgood-Atmosphäre verspricht Konzernchef Mark Zuckerberg in einer Erklärung. Unternehmen, Medien und politische Gruppierungen müssen zugunsten der Einträge von Freunden weichen. Das klingt nach Verbesserung, nach "hey, wir sehen unsere User als Menschen". Doch hinter den blumigen Worten steckt eine knallharte Kalkulation.

Es handelt sich um einen Vorstoß zugunsten des Werbemodells, mit dem sich Facebook finanziert. Das heißt: Wer künftig wahrgenommen werden will, muss mehr Geld für "gesponserte Postings" einwerfen. Die neue Priorisierung wurde erstmals im November getestet. Schon da zeigte sich, dass die Plattform nicht die verlässliche Partnerin für Medien ist, als die sie sich gerne inszeniert.

40 Prozent der Bevölkerung

Man mag argumentieren, dass Facebook als privates Unternehmen jedes Recht darauf hat, die eigenen Spielregeln zugunsten seines Umsatzes zu ändern. Mit, laut Eigenangabe, zwei Milliarden Nutzern ist es allerdings zu einem zentralen Ort der gesellschaftlichen Auseinandersetzung im Internet geworden. In Österreich sollen 3,7 Millionen Menschen (Stand: März 2017) mit dabei sein, immerhin mehr als 40 Prozent der Bevölkerung. Wie auch manche Banken als "too big to fail" gelten und daher durch politische Bemühungen und staatliche Zuschüsse vor der Pleite gerettet wurden, ist auch Facebook längst zu wichtig, um wie eine beliebige Firma behandelt zu werden.

Dieser Verantwortung ist man sich in Menlo Park wohl auch bewusst. Man nimmt sie jedoch nur sehr selektiv wahr. Für Hasspostings sah man sich lange nur am Rande zuständig, ehe der politische Druck massiv zunahm. Und auch bei der "Fake-News"-Debatte gerierte man sich erst spät als Advokat für Aufklärung und Nachrichtenqualität. Mittlerweile stellt man US-Nutzern bei erfundenen Meldungen Fact-Checks von investigativen Portalen, renommierten Zeitungen und TV-Sendern zur Verfügung.

Warm anziehen

Schon bisher haben Medien natürlich Geld investiert, um sich zusätzliche Sichtbarkeit zu verschaffen. Doch wenn künftig hauptsächlich das Werbebudget über die Verbreitung von Nachrichten auf Facebook entscheidet, kommen die Fakten zwangsläufig unter die Räder. Insbesondere kleinere journalistische Plattformen ohne großen Stamm an Fans dürfen sich warm anziehen. (Georg Pichler, 12.1.2018)