Der frühere afghanische Präsident Hamid Karzai sprach von einer moralischen Verpflichtung, "den Gesetzen des Gastlandes zu gehorchen.

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Wien/Kabul – Der frühere afghanische Präsident Hamid Karzai hat an die als Flüchtlinge nach Österreich gekommenen Afghanen appelliert, sich zu integrieren. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin "profil" sprach er von einer moralischen Verpflichtung, "den Gesetzen des Gastlandes zu gehorchen und seine Normen, Standards und Traditionen zu respektieren".

Die Afghanen müssten "sich bestmöglich als produktive Mitglieder in die Gesellschaft integrieren". Das heiße auch "hart arbeiten und sich nicht auf die Sozialhilfe verlassen". Afghanen waren in der Kriminalstatistik 2016 führende Nationalität bei tatverdächtigen Asylwerbern, und lagen im Länderranking nach Zahl der Beschuldigten insgesamt auf Platz fünf. Dies "schmerzt und empört mich", sagte Karzai.

"USA haben Ziel verfehlt"

Im Gespräch mit der "Presse" machte Karzai die USA und Pakistan für die Lage in Afghanistan verantwortlich und übte scharfe Kritik an beiden Staaten. "Der Krieg ist ein totales Desaster. Die USA haben ihr Ziel klar verfehlt", sagte er. "Verantwortlich sind die Fehler der Verbündeten, vor allem der Amerikaner. Und es liegt daran, dass Pakistan den Extremismus weiterhin fördert. Die USA haben mehr als 16 Jahre lang weggeschaut."

Karzai lobte die jüngste Entscheidung der US-Regierung die Zahlung von Hilfsgeldern im Sicherheitsbereich für Pakistan vorerst zu stoppen. Dies hätte sie jedoch schon früher tun sollen. Pakistan dürfe Fundamentalisten nicht mehr als Instrument gegen seine Nachbarn einsetzen. So sei auch der IS aus Pakistan in Afghanistan eingesickert, so Karzai weiter. Auch versuche Pakistan "mit großem Aufwand, junge Afghanen zu gewaltsamen Aktivitäten zu verleiten – nicht nur in Afghanistan, sondern offenbar auch in Europa", wie der Ex-Staatschef gegenüber dem "profil" bemerkte.

In der "Presse" plädierte Karzai darauf, die Taliban in eine Friedenslösung für Afghanistan miteinzubeziehen. "Alle in Afghanistan müssen sich mit den USA zusammensetzen. (...) Wir werden nur zum Frieden zurückfinden, wenn wir alle einbeziehen – nicht, indem wir jemanden ausschließen." (APA, 13.1.2018)