Kritische Sichtung eines Mythos: "Andre Hofer" am Tiroler Landestheater.

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Innsbruck – In Tirol ist Andreas Hofer über 200 Jahre nach dem Volksaufstand von 1809 immer noch Thema. Der Südtiroler Revolutionsdichter Norbert C. Kaser und der britische linke Historiker Eric Hobsbawm nannten ihn bewundernd "Guerillero". Es imponierte, dass er gegen den großen kleinen Franzosen rebellierte. Wie, ist fragwürdig: "Für "Gott, Kaiser und Vaterland."

Dass das dumm war, davon handelt Franz Kranewitters Schauspiel Andre Hofer, das in Innsbruck bei der Erstaufführung 1903 Unmut erntete.

Verzweifelt hadert der glücklose Verlierer auch 2018 auf der großen Bühne des Tiroler Landestheaters. "Ach Himmel, es ist verspielt!", heißt es in einem Lied. Allerdings macht Regisseur Thomas Krauß klar, dass die Version des verkappten Helden fiktiv ist. Joseph von Hormayr und Erzherzog Johann, die historischen Strippenzieher der Tiroler Rebellion, modeln im Intro ihren Hofer zurecht.

Und im Finale, nach Verrat und Gefangennahme, drapiert ihn Hormayr so schön heroisch hin, wie er in der dem Landestheater nahegelegenen Hofkirche in weißen Marmor gemeißelt dasteht.

Von Selbstzweifeln zerfressen, vom nahen Tod erlöst

Vier der dort aufgestellten Bronzefiguren kommentieren inmitten des Kranewitter-Textes den gottesfürchtigen Hofer sarkastisch. Diese pointiert gesetzten Zutaten stammen von Marc Pommerening, der als Dramatiker ein gutes Händchen für historische Stoffe hat.

Sonst bleibt Krauß beim Originaltext des Autors, dem Dialekt des Tiroler Volksstücks, der Pommerenings Bühnendeutsch kontrastiert. Stefan Riedl brilliert in der Hauptrolle, gibt sich rational, fanatisiert, von Selbstzweifeln zerfressen, vom nahen Tod erlöst. Ihn umschwärmt das beinah zu umfangreiche Personal eines Historiendramas.

Die Hände blutig gemacht haben sich alle, und weil kein Bühnenblut fließt, pappt Kostümbildner Markus Spatzier den Dirndln ein loderndes Herz Jesu aufs Mieder, den Lederhosenträgern einen blutroten Tiroler Adler auf die Trachtenjanker. Am Ende, wenn Tirol in Form von fünf Großbuchstaben am Boden liegt, hat Hormayr das letzte Wort, auch wenn es Hofer ausspricht: "Vivat Tirol!" (Bernhard Sandbichler, 16.1.2018)