Viele Infektionskrankheiten ließen sich durch Impfungen deutlich zurückdrängen, wenn nicht gar ausrotten. Dazu zählt auch der Keuchhusten (Pertussis). Doch der vorhandene Impfstoff schützt "nur" vor der Erkrankung, nicht vor der Infektion, hieß es beim Österreichischen Impftag in Wien.

Camille Locht vom Institut Pasteur in Lille (Frankreich) und sein Team arbeiten jedenfalls an einer Nasenspray-Vakzine, welche schon die Ansteckung mit Bordetella pertussis-Bakterien verhindern soll. Als Antigene verwendet werden dabei gentechnisch abgeschwächte Erreger. Die Pertussis gehört zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten. Ähnlich wie bei den Masern steckt eine betroffene Person im Durchschnitt zwölf bis 17 weitere Personen an. Bei der Influenza liegt diese Rate bei 1,4 bis vier zusätzlich Infizierten. Zur Behandlung stehen nur Antibiotika zur Verfügung, welche aber den oft quälenden Krankheitsverlauf selbst nicht beeinflussen.

Großes Come-back

Weltweit fordert der Keuchhusten pro Jahr zwischen 200.000 und 400.000 Todesopfer bei insgesamt rund 16 Millionen Erkrankungsfällen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Krankheit trotz aller Impfbemühungen eine Renaissance erlebt. In den USA wurden beispielsweise in den 1980er-Jahren pro Jahr nur um die 2.000 Fälle registriert. 2012 waren es hingegen wieder um die 50.000. 2014 wurden in Österreich vier Erkrankungen pro 100.000 Einwohner registriert, 2016 waren es bereits 14 je 100.000 Einwohner. 2014 waren in Österreich insgesamt 339 Fälle gemeldet worden, 2016 waren es 1.165 Erkrankungen. Offenbar kommt es auch zu einer Verschiebung der Problematik von Kindern zu Erwachsenen in höherem Alter.

"Trotz hoher Durchimpfungsraten hat die Pertussis in mehreren Industriestaaten ein spektakuläres Comeback gefeiert. Die Gründe dafür werden noch diskutiert. Aber ein Hauptgrund liegt darin, dass die derzeitigen Pertussis-Vakzine nicht wirksam genug sind, um eine Infektion und damit eine 'stille' Übertragung (ohne Symptome beim Verursacher; Anm.) zu verhindern, obwohl sie gegen die Erkrankung schützen, sagte der französische Wissenschafter.

Ziel ist auch Auffrischung

Locht und sein Team arbeiten seit Jahren an der Entwicklung einer aus per biotechnologischen Methoden abgeschwächten Pertussis-Erregern bestehenden Vakzine, welche als einfacher Nasenspray appliziert werden kann. Nach einer Erprobung an Pavianen und in anderen Tiermodellen gelang es durch eine entsprechende Dosierung, in einer frühen Phase der klinischen Prüfung auch an Probanden eine Bildung von schützenden Antikörpern bei bis zu um die 90 Prozent nachzuweisen. Mit größeren Wirksamkeitsstudien soll der Beweis eines schützenden Effekts gegen Infektion und Erkrankung durch die Pertussis-Erreger erbracht werden.

"BPZE1 ist derzeit die am weitesten in der Entwicklung fortgeschrittene neue Pertussis-Vakzine und wurde bereits in zwei klinischen Studien (an Probanden; Anm.) getestet. Diese Untersuchungen haben die Sicherheit bei Erwachsenen, die Fähigkeit (der abgeschwächten Erreger; Anm.), vorübergehend den Atmungstrakt zu kolonisieren und eine Immunantwort gegen mehrere Bordetella pertussis-Antigene zu erzeugen, bewiesen. Durch eine Dosis-Optimierung zeigte sich eine zu 90 Prozent erfolgende Serokonversion (Auftreten schützender Antikörper im Blut; Anm.)", sagte der Wissenschafter. Das sei mit nur einer Dosis der Vakzine erreicht worden.

Im zweiten Quartal dieses Jahres soll bereits eine größere wissenschaftliche Studie an Probanden erfolgen, in der auch mehr Hinweise auf die Wirksamkeit gesammelt werden sollen. Nach der Grundimmunisierung im Kindesalter (Sechsfachimpfung im Säuglingsalter, dann im Schulalter Kombinationsimpfung mit Diphtherie, Tetanus und Polio im siebenten bis zum neunten Lebensjahr) sollten Jugendliche und besonders Erwachsene auf die regelmäßige Auffrischung bei der Keuchhustenimpfung (als Diphtherie-Tetanus-Pertussis-Immunisierung) zumindest alle zehn Jahre nicht vergessen bzw. auf deren Notwendigkeit hingewiesen werden. (APA, 15.1.2018)

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