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In Deutschland wie Österreich setzt man trotz stark abnehmender Asylwerberzahlen auf die Einrichtung neuer, größerer Zentren für Flüchtlinge – in Österreich mit Ausschließungsabsichten.

Foto: Reuters / Pascal Rossignol

Berlin/Wien – Noch steht in den Sternen, ob es in Deutschland überhaupt zu einer großen Koalition kommt. Doch für den Fall haben Union und SPD auch schon für den Asylbereich Änderungen festgelegt. Im Sondierungspapier heißt es, man wolle "das Grundrecht auf Asyl nicht antasten", jedoch wolle man "effizientere Verfahren".

Geplant sind daher zentrale Einrichtungen, in denen das Bundesamt für Migration, die Bundesagentur für Arbeit, Justiz und Ausländerbehörden zusammenarbeiten. Genannt werden diese Stellen "Anker-Einrichtungen", weil darin Ankunft, Entscheidung, kommunale Verteilung oder Rückführung stattfinden soll.

Residenzpflicht von SPD wegverhandelt

Zunächst – so der Plan – erfolgt dort die Identitätsfeststellung (Name, Herkunft, Alter, Fingerabdruck). CDU und vor allem CSU hätten den Asylsuchenden gerne eine Residenzpflicht auferlegt und ihnen auch während des Asylverfahrens nur Sachleistungen gewährt. So stand es schon im Papier der Sondierer.

Doch dagegen regte sich in der SPD so massiver Widerstand, dass Parteichef Martin Schulz diese Punkte wieder rausverhandelte. Im tatsächlichen Abschlussdokument ist von Residenzpflicht und Sachleistungen keine Rede mehr. Es heißt dort: "Wir streben an, nur diejenigen auf die Kommunen zu verteilen, bei denen eine positive Bleibeprognose besteht. Alle anderen sollen, wenn in angemessener Zeit möglich, aus diesen Einrichtungen in ihre Heimatländer zurückgeführt werden."

Deutschland: Asylbewerber in Privatwohnungen

Das ist jedoch nur eine Absichtserklärung. Zudem gibt es in Deutschland bereits Erstaufnahmeeinrichtungen. Der Verbleib in diesen während der Verfahren ist nicht zwingend, viele Bewerber kommen in Wohnungen unter.

Weiter gediehen sind die Verschärfungspläne in Österreich: Sie stehen im Regierungsprogramm der neuen ÖVP-FPÖ-Koalition. An Härte übertreffen sie die deutschen Vorschläge um einiges – wenn auch die Modalitäten ihrer Umsetzung viele Fragen offenlassen. Laut Asylpraktikern gibt es derzeit keinerlei sichtbaren Vorbereitungen für den Systemumbau.

Keinerlei Geld für Asylwerber mehr in Österreich

Anders als in Deutschland sollen Asylwerber in Österreich tatsächlich "nur mehr Sachleistungen" erhalten: Türkis und Blau haben sich auf ein Streichen sämtlicher direkter finanzieller Zuwendungen festgelegt.

Klar scheint auch zu sein, dass die bisher in kleineren Quartieren – etwa Gasthöfen – oder privat angemieteten Wohnungen lebenden Asylwerber in große Wohneinheiten übersiedeln sollen. Im Unterschied zu den deutschen Plänen soll das offenbar für alle Asylwerber und für die gesamte Zeit des Asylverfahrens gelten. Dieses kann sich erfahrungsgemäß über mehrere Jahre erstrecken.

Rückkehrzentren gibt es schon

Dafür sollen die deutschen Anker-Einrichtungen auch als Rückkehrzentren fungieren, in denen man abgewiesene Asylbewerber auf die Ausreise vorbereitet. In Österreich gibt es bereits infolge der vergangenen, von SPÖ und ÖVP beschlossenen Asylnovelle derartige Großquartiere. Personen, die dorthin verlegt werden, bekommen alle anderen staatlichen Zuwendungen aberkannt.

Zwar ist im ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm lediglich vom Streichen der individuellen Wohnmöglichkeit für Asylwerber die Rede. Doch den skandalträchtigen Aussagen regierungsverantwortlicher FPÖ-Politiker in den vergangenen Tagen – etwa von Innenminister Herbert Kickl, laut dem man Asylwerber "konzentriert an einem Ort halten" wolle – ist zu entnehmen, dass Großquartiere geplant sind, die allesamt einer neuen Bundesagentur unterstehen sollen.

Länder gegen Großquartiere

Laut Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) sollen Asylwerber in Großquartieren überdies einer kasernenähnlichen nächtlichen Ausgangssperre unterliegen. Wien, das Burgenland, die Steiermark und Vorarlberg lehnen ein Ende der Kleinquartiere unter Hinweis auf deren positive Integrationsauswirkungen strikt ab. (Birgit Baumann, Irene Brickner, 16.1.2018)