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Wie Geistesblitze im Kopf entstehen: Forscher der Universität Graz sind charakteristischen Hirnstrukturen für Kreativität auf der Spur.

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Graz/Wien – Kreative Lösungen auf anstehende Probleme zu finden spielt in vielen Lebenssituationen eine wichtige Rolle. Doch nicht nur das. Laut den Theorien des US-Theoretikers Richard Florida sind die "kreative Klasse" einer Gesellschaft und die von ihr ausgehenden Innovationen entscheidend für das ökonomische Wachstum von Regionen.

Tatsächlich wissen wir aber noch nicht wirklich gut Bescheid, was im Gehirn beim kreativen Denken vor sich geht. Klar ist nur, dass es durch äußere Rahmenbedingungen gefördert oder behindert werden kann – in der Kunst ebenso wie in der Wissenschaft, der Wirtschaft oder im Alltag.

Was aber spielt sich im Gehirn ab, wenn Personen als Lösung einer Aufgabe neuartige, originelle Ideen hervorbringen? Das versuchen die Kreativitätsforscher Andreas Fink und Mathias Benedek am Institut für Psychologie der Uni Graz herauszufinden.

Sie haben zuletzt an einer am Montag im Fachblatt PNAS erschienenen Studie mitgearbeitet, die aufzeigt, wie über die Auswertung von Gehirnaktivierungsmuster eine Vorhersage der individuellen menschlicher Kreativität möglich wird. Damit könnte das jeweilige Kreativitätspotenzial erkannt und möglicherweise auch noch gefördert werden.

Mit modernsten Methoden wie beispielsweise funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) versuchen Forscher das Funktionieren des komplizierten "Schaltplans" des menschlichen Gehirns, das sogenannte Konnektom, aufzuschlüsseln. Denn das menschliche Gehirn besteht zwar aus spezialisierten Regionen, doch zur effizienten Informationsverarbeitung ziehen mehrere Regionen an einem Strang. "Die eine kreative Region im Gehirn gibt es nicht", betont der Psychologe und Neurowissenschafter.

An der Uni Graz werden seit rund einem Jahrzehnt entsprechende neurophysiologische Messungen durchgeführt. "Wir wissen durch unsere langjährigen Studien, dass sich kreatives Denken nicht nur in der Aktivierung bestimmter Gehirnregionen widerspiegelt, sondern insbesondere auch in der Art, wie große Gehirnnetzwerke interagieren", so Benedek. In Kooperation mit Kollegen unter anderem der Harvard University und China sind die Grazer Forscher mithilfe des sogenannten Connectome-based predictive modeling (CPM), das auf fMRT-Daten basiert, den Vorgängen im Gehirn auf der Spur.

Wie die jüngste Studie zeigte, interagieren beim kreativen Denken Netzwerke, die sonst eher unabhängig sind oder sogar gegenläufige Aufgaben haben. Insgesamt wurden die internationalen Daten von 163 Testpersonen, die sich in die MRT-Röhre legten und dabei eine einfache alltägliche Kreativitätsaufgabe zu lösen hatten, ausgewertet.

Interaktion der Netzwerke

So habe sich im Vergleich von einander unabhängigen Datensätzen ein charakteristisches Zusammenspiel von Netzwerken gezeigt, wenn besonders kreative Lösungen gefragt waren. Diese Netzwerke spielen zum einen im Zusammenhang mit Tagträumen und Ruhezuständen eine Rolle, aber auch mit starken Kontroll- und Gedächtnisfunktionen. Bei kreativen Personen war die Interaktion zwischen diesen Netzwerken so ausgeprägt, dass sogar eine Vorhersage von individuellem Unterschied in der Kreativität möglich ist.

Weiters habe sich gezeigt, dass bei den besonders kreativen Probanden auch im Ruhezustand diese charakteristischen funktionellen Netzwerke miteinander interagierten. "Das Tolle an der vorliegenden Studie ist, dass sich dieses Zusammenspiel über die Labore und Arbeitsgruppen hinweg bestätigt hat", freute sich Fink über die Studienergebnisse. (APA, red, 17. 1. 2018)