Wien – Otto Presslich, der ehemalige Leiter der Drogenambulanz an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Wien und einer der Pioniere der Substitutionsbehandlung in Österreich, ist tot. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ist am 6. Jänner zu Hause in Wien im Alter von 80 Jahren verstorben, wie am Dienstag bekannt wurde.

Presslich hat das moderne Behandlungskonzept von suchtkranken Menschen wesentlich geprägt. Auf sein Wirken geht das heutige Prinzip Therapie statt Strafe zurück. Basis sind die Anerkennung der Drogensucht als Krankheit und eine arzneimittelgestützte Behandlung von Patienten. Anfang der 1980er-Jahre war Ersteres umstritten und Zweiteres verboten. Otto Presslich sowie eine Handvoll anderer Mediziner bewegten sich mit der Drogenersatztherapie im illegalen Bereich.

17.000 Patienten in Österreich

Erst mit dem Methadon-Erlass des Bundeskanzleramts 1987 wurde die "orale Substitutionsbehandlung von Drogenabhängigen" rechtlich legitim. 1999 schließlich wurde die Methode im Wiener Drogenkonzept als erste Wahl festgelegt, 2009 empfahl sie auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Und auch heute ist die Drogenersatzbehandlung immer noch die erfolgreichste Therapie bei Opiatabhängigkeit. Rund 17.000 Patienten werden in Österreich mit Substanzen wie Methadon, Buprenorphin oder retardierten Morphinen behandelt, in Europa sind es etwa 700.000.

"Otto Presslich war ein Humanist und Gentleman", erinnert sich die Psychotherapeutin Silvia Franke, die früher in der Drogenhilfe tätig war. Als sie ihn als junge Streetworkerin einmal gefragt habe, warum er einen völlig abgesandelten und pharmakologisch schwer beeinträchtigten Klienten nicht mit der vollen Härte seiner Situation konfrontierte habe, antwortete Presslich: "Er hat nur noch seine Würde, und die darf ich ihm nicht nehmen." (Michael Simoner, 16.1.2018)