Bukarest – In Rumänien hat Staatspräsident Klaus Johannis am Mittwochnachmittag nach Beratungen mit den Fraktionen dem Vorschlag der sozialliberalen Parlamentsmehrheit Folge geleistet und die Europaabgeordnete Vasilica Viorica Dancila (S&D) mit der Regierungsbildung beauftragt. Vor der Ankündigung hatte das Staatsoberhaupt Dancila zu einem Vier-Augen-Gespräch gebeten.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Regelungen und der bestehenden Parlamentsmehrheit habe er nach reiflicher Überlegung beschlossen, der PSD "noch eine Chance" zu gewähren und deren Wunschkandidatin mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Ab sofort habe die PSD aber auch die Leistungen zu erbringen, die sie im Wahlkampf versprochen habe, sagte Johannis in einer Presseerklärung.

Die mit der Regierungsbildung beauftragte 54-jährige Sozialdemokratin gilt als langjährige Vertraute ihres wegen Wahlmanipulationen vorbestraften Parteichefs Liviu Dragnea, dem sie ihre politische Karriere verdankt. Wie auch Dragnea stammt Dancila aus dem bitterarmen südrumänischen Landeskreis Teleorman, dessen lokalem PSD-Verband sie 1996 beitrat. Dank Dragneas Unterstützung als früherer Kreisratschef von Teleorman stellte die PSD sie für die Europawahl 2009 auf. Dancila schaffte so den Sprung ins Europäische Parlament; bei der Wahl von 2014 wurde sie im Amt bestätigt.

Ingenieurin bei OMV Petrom

Vor ihrer politischen Karriere war sie Anfang der 1990-er Jahre zunächst als Lehrerin in der Kleinstadt Videle, später als Ingenieurin bei der OMV Petrom und schließlich beim Kreisrat Teleorman tätig. Verwaltungserfahrung besitzt die sozialdemokratische Politikerin keine, 2004 unterlag sie im Wahlrennen um das Amt des Bürgermeisters von Videle. Seit 2015 ist Dancila Vorsitzende der Frauenorganisation der PSD.

Auf die Frage rumänischer Journalisten, was Dancila denn für das Amt der Regierungschefin empfehle, hatte PSD-Chef Dragnea sie am Vortag als "zivilisierte und gesprächige" Person gepriesen. Ob diese Eigenschaften ihre mangelhaften außenpolitischen sowie geografischen Kenntnisse wettmachen, ist fraglich. In Rumänien schlug nämlich am Mittwoch ein 2017 von Dancila gewährtes Interview hohe Wellen: Von einer ausländischen Journalistin über die Frauenrechte im Iran und in Pakistan befragt, sagte die EU-Abgeordnete als amtierendes Mitglied des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter, dass letzterer sich dem heiklen Thema widme, ohne sich jedoch in die inneren Angelegenheiten der beiden "Mitgliedsstaaten" einmischen zu wollen. Dancilas desaströses Interview ist auf YouTube abrufbar. (APA, 17.1.2018)