München – Ein erstaunlich einfacher Prozess könnte es gewesen sein, der mit der Ribonukleinsäure (RNA) eine Vorstufe des Lebens entstehen ließ: Deutsche Forscher haben die Entstehung dieser Erbgut-Bausteine aus simplen Molekülen simuliert und sehen den Wechsel von Feuchtigkeit und Trockenheit auf der Ur-Erde als verantwortliche Antriebskraft, berichtet die Ludwig-Maximilians-Universität München.

Laut dem Team um den Chemiker Thomas Carell könnten schon einfachste chemische Zutaten und Reaktionsbedingungen gereicht haben, um die Synthese sogenannter Nukleoside über eine ganze Reihe von Reaktionsschritten in Gang zu halten. Nukleoside sind wichtige Komponenten der Erbmoleküle RNA und DNA. Ausgangsstoffe dafür waren in den Versuchen, die die präbiotischen Bedingungen nachstellen sollten, Ameisen- und Essigsäure, Natriumnitrit und simple Stickstoff-Verbindungen.

Die Umgebung musste allerdings gepasst haben. Es brauchte Metalle wie Nickel und Eisen, die in großen Mengen in der Erdkruste vorhanden sind – ideal wären geothermale Felder mit vulkanischer Aktivität im Untergrund. Angetrieben wurde die Kette der chemischen Reaktionen nach Carells Modell lediglich von Nass-Trocken-Zyklen, wie sie durch hydrothermale Quellen oder auch Dürre- beziehungsweise Regenperioden entstehen können.

Früh entstanden und beibehalten

Grundlegende Prozesse hatte Carell bereits in einer früheren Arbeit beschrieben. In seinen jüngsten Experimenten entstanden jedoch nicht nur die kanonischen Nukleoside – gewissermaßen die klassischen Bausteine der RNA –, sondern gleichzeitig ein ganzes Set von eng verwandten Molekülen.

Diese so genannten RNA-Modifikationen sind essenziell für ein funktionierendes genetisches System und deshalb in allen Tieren, Pflanzen und Bakterien zu finden. Bereits deren letzter gemeinsamer Vorfahre nutzte diese fundamentalen RNA-Bausteine für eine Reihe von biologischen Prozessen. Das spricht laut Carells Mitarbeiter Sidney Becker, dem Erstautor der aktuellen Studie, zusätzlich dafür, dass sie bereits zu Beginn der biologischen Evolution auf der Ur-Erde existiert haben mussten.

Sie könnten, so folgern die Wissenschafter, die entscheidenden Moleküle gewesen sein, die die chemische Evolution "getriggert" haben und zur Entwicklung der RNA-Welt führten. Vier Milliarden Jahre später finden sich diese Strukturen immer noch als molekulare Fossilien in jedem Organismus, da sie eine Vielzahl an lebenswichtigen Funktionen übernommen haben und damit durch die Natur konserviert wurden. (red, 18. 1. 2018)