Angela Merkel und Sebastian Kurz in Berlin.

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Sebastian Kurz hat jetzt also die französisch-deutsche Achse in der EU besucht. Wie schon beim Besuch bei Emmanuel Macron muss man auch bei seinem Treffen mit Angela Merkel genau hinhören, was jenseits der üblichen Floskeln genau gesagt wird – vor allem in der EU-Politik. Kurz will die Macht der Brüsseler Kommission beschneiden und mit einiger Wahrscheinlichkeit die Entscheidungen in der Union ein Stück weit renationalisieren. Das verbirgt sich hinter seinem Stehsatz, die EU solle die großen Fragen entscheiden (Außenschutz der Grenzen) und in den kleinen (Gurkenkrümmungsvorschriften) die Mitgliedsländer selbst machen lassen.

Das klingt vernünftig, scheint aber das Wesen der EU zu verkennen, die durch eine möglichst enge Vernetzung auch auf profaner Ebene einen Großteil ihrer Wirkung erzielt.

Die Frage ist, wie ernst Kurz das meint. Bisher hat er keine europapolitische Grundsatzrede gehalten, aus der man etwas Konkreteres entnehmen könnte. In der heutigen Weltsituation muss die EU ein starker Player sein, und das bedeutet sicher nicht, dass man sie auf eine Art Nachtwächterrolle beschränken sollte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hält das auch die deutsche Bundeskanzlerin für eine Schnapsidee.

Kurz bittet immer, man solle seine Regierung mit dem EU-feindlichen Partner FPÖ an den Taten messen. Merkel sagte cool: "Wir beobachten das. Die Taten zählen." (Hans Rauscher, 17.1.2018)