Nationalisten beider Seiten sehen sich als Erben von Alexander dem Großen.

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Skopje/Athen – Der Sondergesandte Matthew Nimetz klang am Mittwoch in New York so hoffnungsfroh wie noch nie. Er zeigte sich zuversichtlich, dass beide Seiten den Konflikt lösen wollen. Seit 27 Jahren versucht die Uno, zwischen Griechenland und Mazedonien zu vermitteln. Griechenland hat den Namen "Mazedonien" für das nördliche Nachbarland nie akzeptiert, deshalb firmiert der Staat offiziell weiterhin unter der Bezeichnung "Frühere Jugoslawische Republika Mazedonien".

Nun gibt es allerdings einen neuen Vorschlag, der mit beiden Seiten erarbeitet wurde und noch nicht veröffentlicht wurde. Der Balkanstaat soll einen Namen bekommen, der zwar das Wort "Mazedonien" enthält, aber aus zwei Begriffen zusammengesetzt ist.

In Athen folgt erstmals die linksgerichtete Regierungspartei von Premier Alexis Tsipras dieser Verhandlungslinie, nicht aber der kleine rechtspopulistische Koalitionspartner Anel ("Unabhängige Griechen"), die Kirche und – glaubt man einer neuen Umfrage – zwei Drittel der griechischen Wähler. Tsipras' engster Vertrauter, Nikos Pappas, Minister für Telekommunikation und Information, wischte diese Bedenken beiseite. Der Name "Mazedonien" stünde bereits im sogenannten Interimsabkommen zwischen beiden Staaten aus dem Jahr 1995, "und wir haben ihn akzeptiert", stellte Pappas am Donnerstag im Radiosender Sto Kokkino (" In Rot") fest.

Athen will jedoch vor einer Einigung mit Skopje die Souveränitätsrechte für jene Region im Norden Griechenlands absichern, die ebenfalls Mazedonien (oder Makedonien) heißt. Athen will Gebietsansprüche ausschließen.

Auf den Namen soll man sich bereits geeinigt haben – es geht nun um den Rahmen des künftigen Vertrags zwischen den beiden Staaten. Um alle offenen Fragen und Bedenken zu klären, wird UN-Vermittler Nimetz deshalb in den kommenden zwei Wochen nach Griechenland und Mazedonien reisen.

Komische Reaktion

Für Verwunderung und Verwirrung sorgte angesichts der insgesamt positiven Entwicklungen die Reaktion des mazedonischen Verhandlers Vasko Naumovski, der in New York meinte, der Vorschlag von Nimetz sei "weit weg von einer ehrenvollen Lösung". Naumovskis Position ist allerdings nicht jene der Regierung in Skopje. Insbesondere Außenminister Nikola Dimitrov hat sich in den vergangenen Monaten massiv um eine Lösung bemüht. Die Regierung will, dass Griechenland endlich das Veto gegen den Beginn von EU-Verhandlungen und den Nato-Beitritt wegen des Namensstreits aufgibt.

Um ein Zeichen zu setzen, kam deshalb auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Donnerstag nach Skopje. Er kündigte an, dass die Nato Mazedonien einladen werde, sobald der Namensstreit gelöst sei. Stoltenberg lobte auch die Reformfortschritte der neuen sozialdemokratisch geführten Regierung. Im Gegensatz zu der national-konservativen Vorgängerregierung versucht das neue Kabinett, die Beziehungen zu den Nachbarn zu bereinigen. Mit Bulgarien wurde bereits ein Freundschaftsvertrag geschlossen.

Doch Nationalisten versuchen, die Politik zu untergraben. Der mazedonische Präsident verweigert sich etwa, das neue Sprachengesetz zu unterschreiben, dass die Ausweitung des Albanischen als Amtssprache im gesamten Land vorsieht. Die EU versucht in all diesen Fragen zu vermitteln.

Tsipras' Koalition wackelt

Vor ähnlichen, möglicherweise noch größeren Herausforderungen stehen in Griechenland Tsipras und sein Außenminister Nikos Kotzias, der zunächst die Verhandlungen mit der mazedonischen Seite führt. Eine Einigung auf einen Namen, der "Mazedonien" enthält, könnte zum Bruch der Regierungskoalition führen und damit zu vorzeitigen Wahlen und der Rückkehr der Linken in die Opposition. Alle Umfragen sagen seit einem Jahr schon eine Niederlage der linken Partei Syriza voraus. Der rechte Regierungspartner Anel würde gar an der Dreiprozenthürde scheitern.

Regierungssprecher Dimitris Tsanakopoulos schlug am Donnerstag gleichwohl optimistische Töne an. Eine Lösung, die Griechenlands Interessen nicht schade, könne gefunden werden, sagte er. Tsipras selbst sprach von einer Chance zur Überwindung des Nationalismus. (Adelheid Wölfl, Markus Bernath, 19.1.2018)