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Macron zu May: Kein EU-Sonderzugang für britischen Finanzsektor

Foto: AP/Alastair Grant

Sandhurst – Großbritannien wird zusätzlich 44,5 Millionen Pfund (50,24 Mio. Euro) für den Grenzschutz am Ärmelkanal in Frankreich zahlen. Das teilte ein Regierungssprecher anlässlich des französisch-britischen Regierungsgipfels am Donnerstag in Sandhurst westlich von London mit.

Das Geld soll unter anderem für Videoanlagen und Zäune in Calais und anderen Orten verwendet werden, um die illegale Einwanderung nach Großbritannien zu unterbinden.

Die britische Grenze wird faktisch in Nordfrankreich bewacht: In der Hafenstadt Calais verhindern französische Polizisten, dass Migranten auf Lastwagen mit Ziel Großbritannien klettern. Pässe werden im Hafen von Calais von britischen Beamten kontrolliert. Wer nicht ins Land darf, muss in Frankreich bleiben. Umgekehrt kontrollieren Franzosen schon auf englischem Boden, ob Reisende nach Frankreich dürfen.

Neuer Einwanderungsvertrag

Nach britischen Angaben gab es 2015 mehr als 80.000 Versuche, illegal von Frankreich aus ins Vereinigte Königreich einzureisen. Im vergangenen Jahr waren es nur noch etwa 30.000. Ein Grund dafür sei auch die Räumung des riesigen Elendslagers "Dschungel von Calais" im Oktober 2016, in dem bis zu rund 8.000 Menschen lebten.

Auch heute noch sammeln sich in der Gegend weiter Migranten. Es halten sich etwa 350 bis 500 in der Region auf, die vor allem aus Äthiopien, Eritrea und Afghanistan stammen. Hilfsorganisationen sprechen von sehr prekären Lebensbedingungen.

Bei dem Treffen am Donnerstagnachmittag wollten der französische Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May auch einen neuen Einwanderungsvertrag erörtern. Er soll die 15 Jahre alten Vereinbarungen von Le Touquet für die Zusammenarbeit der beiden Länder im Kampf gegen Schlepper und illegale Einwanderung ergänzen. Das neue Abkommen ist allerdings noch in Arbeit.

Unterstützung bei Kampf gegen Terrorismus

Der französisch-britische Regierungsgipfel findet alle zwei Jahre statt. Bei seinem ersten offiziellen Besuch in Großbritannien seit seinem Amtsantritt wurde Macron von mehreren Ministern begleitet.

Die britische Regierung kündigte an, Frankreich im Kampf gegen den Terrorismus in Afrika zu unterstützen. Dafür stellt London drei Chinook-Transporthubschrauber in der Sahel-Region zur Verfügung. Zudem werde die Hilfe für lebensrettende Maßnahmen etwa bei Epidemien und Naturkatastrophen aufgestockt, teilte Downing Street mit.

Ein Thema des Treffens waren auch die Beziehungen der beiden Länder nach dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (Brexit) Ende März 2019. Nach Schätzungen leben etwa 150.000 Franzosen im Vereinigten Königreich und etwa ebenso viele Briten in Frankreich.

Weltberühmte Teppich

Bei dem Regierungstreffen in der Königlichen Militärakademie wollten Macron und May zudem über ein bedeutendes Kunstwerk sprechen: Der weltberühmte Teppich von Bayeux könnte zeitweise von Frankreich an Großbritannien ausgeliehen werden. Die fast 70 Meter lange Wollstickerei aus dem elften Jahrhundert gilt als einzigartig.

Der Wandteppich schildert die Einnahme Englands 1066 durch Wilhelm den Eroberer, der Herzog der Normandie war. Das Kunstwerk gehört zum Weltdokumentenerbe der UNO-Kulturorganisation UNESCO. Das Museum im nordfranzösischen Bayeux solle umgebaut werden, deshalb könne der Teppich auf Reisen gehen, hieß es in Elysee-Kreisen.

Macron gegen EU-Sonderzugang

Emmanuel Macron lehnt Ausnahmeregelungen für den britischen Finanzsektor nach dem Austritt des Königreichs aus der Europäischen Union strikt ab. Es könne keinen gesonderten Zugang zur EU geben, sagte er. "Wenn Sie Zugang zum Binnenmarkt wollen, einschließlich der Finanzdienstleistungen, tun Sie sich keinen Zwang an. Aber das bedeutet, dass Sie auch zum Haushalt beitragen und die europäische Rechtsprechung anerkennen müssen."

May entgegnete, sie akzeptiere, dass ihr Land nach dem Brexit "kein vollständiges Mitglied" des EU-Binnenmarkts mehr sein werde. Aber es sei in beiderseitigem Interesse, "weiterhin gute Wirtschaftsbeziehungen zu haben". Die Briten haben ausgeschlossen, sich auf ein Brexit-Abkommen einzulassen, bei dem sie weiter ins EU-Budget einzahlen und die vier Grundfreiheiten der Staatengemeinschaft für Arbeitnehmer, Kapital, Güter und Dienstleistungen respektieren. Stattdessen wirbt May für ein Freihandelsabkommen, das nur die Bereiche Güter und Dienstleistungen umfasst.

May hofft, sich über den Bereich Verteidigung Spielraum für Zugeständnisse bei den Brexit-Verhandlungen verschaffen zu können. Doch Macron machte klar, dass er sich auf so etwas nicht einlassen will. "Ich bin weder hier um zu bestrafen, noch um zu belohnen", sagte er. (APA, Reuters, 19.1.2018)