New York – Sharon Stone sitzt an einem ausladenden Tisch, dunkles Glas, sechs mal sechs Meter, mindestens, und sagt gleich mal, wozu sie nichts sagen wird. "Falls jemand auf die Idee kommt, mich nach meiner Rolle zu fragen, bekomme ich einen Nervenzusammenbruch." Also, alternativ die erste Frage: Was halten Sie von Donald Trump?

"Es tut mir leid", erwidert die Diva, als wollte sie auch die abwehren, doch dann spinnt sie den Faden weiter. "Es tut mir leid. So leid. Einfach sooo leid", wiederholt sie, und falls einer noch immer nicht verstanden hat, dass sie damit ihr Land meint, macht ihr Filmpartner dies mit einem Satz klar. "Das war präzise, kompakt und kraftvoll", sagt Garrett Hedlund, ballt die Faust und fährt sie behutsam aus, bis sie Stones nun ebenfalls geballte Faust berührt. Der Rebellengruß, einst Black Panther, demonstrativ subversiv, heute nur noch cool.

Sharon Stone als gefeierte Kinderbuchautorin in "Mosaic".
Foto: Home Box Office HBO / Sky

Roundtable nennt sich, was sie beim Sender HBO veranstalten, bevor Mosaic über die Bildschirme flimmert, eine sechsteilige Krimiserie mit Stone und Hedlund. Wobei der Tisch nicht rund ist, sondern eckig.

Draußen lärmt der Bryant Park mit seinem winterlichen Eislaufring und Liedern von Frank Sinatra. Drinnen, im 14. Stockwerk eines Betonklotzes im Zentrum Manhattans, läuft das Vermarktungsfließband. Sieben Journalisten, zwei Schauspieler, jeweils im Paar, bis nach einer Viertelstunde eine Assistentin mit allerlei Listen erscheint und im Tonfall echten Bedauerns verkündet, dass man nun leider, leider zum Ende finden müsse. Bis bald darauf das nächste Darstellerpaar am Tisch sitzt und schwärmt, was für ein genialer, professioneller, hocheffizienter Regisseur dieser Steven Soderbergh sei.

Braunes Gras, gefrorener Schlamm

Dass es nicht langweilig wird, liegt an den Anekdoten von Soderberghs Mimen. Nur, zunächst zum Skript, in aller Kürze: Olivia Lake (Sharon Stone), eine gefeierte Kinderbuchautorin, wird in ihrem Haus in den Rocky Mountains tot aufgefunden, ihr Geliebter Eric (Frederick Weller) des Mordes für schuldig befunden. Vier Jahre darauf begibt sich Erics Schwester Petra (Jennifer Ferrin) an den Tatort, um auf eigene Faust zu ermitteln. Sie findet einen Draht zum Detektiv Nate Henry (Devin Ratray), an dem Zweifel nagen. Bald fällt der Verdacht auf Joel (Garrett Hedlund), einen einstmals ambitionierten Künstler, den Olivia Lake bei sich wohnen ließ, nachdem sie mit ihm geflirtet hatte.

Schauplatz ist Summit, eine fiktive Kleinstadt in Utah, dem Bundesstaat der Mormonen wie des Sundance, Amerikas angesagtestem Filmfestival. Gedreht wurde in Park City, einer real existierenden Kleinstadt in Utah, betuchte Skiurlauber, die Sundance-Festspiele der kulturelle Höhepunkt des Jahres. In einer Stadt, von der Ratray sagt, dass man sich im Spätherbst, wenn die Skipisten so verwaist sind wie die Kinos, keinen trostloseren Ort vorstellen könne, "braunes Gras, gefrorener Schlamm, unglaublich trist".

Kevins Bruder

Ratray stand schon als Kind vor der Kamera, in Kevin – Allein zu Haus, der Geschichte vom achtjährigen Kevin, der zu Weihnachten daheim vergessen wird und das elterliche Haus überaus einfallsreich gegen zwei Einbrecher verteidigt. Da war er Buzz, Kevins Bruder. Was er seither an Angeboten bekam, beschreibt er auf launige Art so: "Du arbeitest hart, kriegst hundert Dollar pro Tag, und der Indyfilm, für den du dich abrackerst, läuft dann vielleicht nicht einmal." Und nun: Hauptrolle! Als Soderbergh anrief, erzählt Ratray, war er so perplex, dass er den Regisseur als Erstes fragte, wie er ausgerechnet auf ihn gekommen sei. "Heißt das jetzt, dass Sie einen miesen Job machen wollen?", fragte Soderbergh zurück, und damit war die Sache entschieden.

In Soderberghs Sechsteiler gilt es den Mord an Stone in den Rockies aufzuklären.
Foto: Home Box Office HBO / Sky

Zu Soderbergh muss man wissen, dass er bereits vor geraumer Zeit seinen Abschied vom Filmset verkündet hatte, dann in sich ging und 2017 zurückmeldete, mit Logan Lucky, einem irgendwie zu Trumps Triumph passenden Streifen aus dem Hillbilly-Milieu West Virginias. Wunderbar exzentrisch, so charakterisiert Frederick Weller den Regisseur aus Atlanta. Als der sich erkundigte, ob Weller mitmachen wolle, stellte er sich vor als der Steven, der München nicht gedreht habe. Nicht Spielberg, sollte das heißen.

Weinstein überraschte nicht

Sharon Stone, das blonde Haar zurückgekämmt, spricht irgendwann von Comeback. Jedenfalls hoffe sie, dass ihr mit Mosaic ein solches gelinge, sagt die Schauspielerin, die 1992 mit dem ersten Teil von Basic Instinct weltberühmt wurde, Hollywoods Sex-Ikone, wie es damals hieß. Man wisse ja, sie sei vor Jahren mit einer Hirnblutung in ein Krankenhaus eingeliefert worden, sie habe ihr Kurzzeit- wie ihr Langzeitgedächtnis verloren, und um das alles zurückzugewinnen, habe sie kämpfen müssen. "Ob ich mir meine Zeilen merken würde? Ich war mir nicht sicher", sagt sie über die Arbeiten mit Soderbergh.

Ach ja, Donald Trump. Als die Assistentin bereits verkündet hat, dass man leider, leider zum Ende finden müsse, kommt Sharon Stone auf ihn zurück. Auf ihn und Harvey Weinstein. Mit Harvey habe sie lange zusammengearbeitet. Als das mit den sexuellen Belästigungen publik wurde, sei sie nicht überrascht gewesen.

Nur gehe es nicht nur um Harvey, sondern auch um den Trump-Effekt: Leute, die bis dahin nicht zu Wort gekommen seien, hätten beschlossen, sich angesichts des Getöses Gehör zu verschaffen. "Mein Lehrer hat immer gesagt, wenn der Wandel kommt, dann passiert es in einer Sekunde. Es ist die Vorbereitung des Wandels, die so verdammt lange dauert." (Frank Herrmann, 20.1.2018)