Baltimore/Wien – Je früher Tumorerkrankungen erkannt werden, desto größer ist die Chance, sie erfolgreich zu behandeln. Deshalb werden ab einem bestimmten Alter für die häufigsten Krebserkrankungen regelmäßige Kontrolluntersuchungen empfohlen: Mammografien zur Brustkrebsvorbeugung, Darmspiegelungen oder der PSA-Test zur Prostatakrebsvorsorge.

Da diese Tests nur für die jeweilige Tumorart aussagekräftig sind und – wie etwa der PSA-Test – mit etlichen Unsicherheiten behaftet sind, suchen Forscher fieberhaft nach weiteren Biomarkern, die eine Früherkennung häufiger Krebsarten ermöglichen. Als vielversprechend gelten dabei Blutproben – und genau diesen Ansatz verfolgt auch ein US-Forscherteam um Joshua Cohen (John Hopkins University), das im Fachblatt "Science" die jüngste Weiterentwicklung der sogenannten "Flüssigbiopsie" (Liquid Biopsy) vorstellt.

Studie an 1.005 Krebspatienten

Für dieses neue, noch experimentelle Verfahren, das an gut 1.000 Personen getestet wurde, haben die Wissenschafter eine Kombination aus acht verschiedenen im Blut zirkulierenden Tumorproteinen und Erbmaterial der Tumore (ctDNA) analysiert und interpretiert – zunächst bei bereits diagnostizierten Krebspatienten, die freilich meist unter nicht-metastasierenden Tumoren im fortgeschrittenen Stadium litten.

Die Forscher erhoffen sich dadurch nicht nur eine Krebsfrüherkennung, sondern auch eine Präzisierung, welches Organ betroffen ist. Für die Studie konzentrierte man sich auf Tumore in Eierstock, Leber, Magen, Bauchspeicheldrüse, Speiseröhre, Dickdarm, Lunge und Brust.

Schematische Darstellung der Funktionsweise des neuen Testverfahrens.
Illustration: Elizabeth Cook and Kaitlin Lindsay

Verbesserbare Aussagekraft

Laut der Studie in "Science" konnten mittels der Flüssigbiopsie 70 Prozent der Erkrankungen erkannt werden. Es gab aber große Unterschiede je nach Organ: Während die neue Methode etwa bei Eierstockkrebs gute Ergebnisse gezeigt hat, konnte bei Brustkrebs nur ein Drittel der Krebserkrankungen detektiert werden.

Bei der Gegenprobe, die mit dem Blut von 812 gesunden Personen gemacht wurde, kam es zu sieben falschen Krebsdiagnosen – auch das sollte nach Möglichkeit vermieden werden.

Aus diesen Gründen zeigten sich Onkologen, die an der Studie nicht beteiligt waren, noch eher skeptisch. Die meisten Reaktionen betonten zwar, dass der Ansatz methodisch interessant sei. Um ihn aber tatsächlich zur Krebsfrüherkennung einsetzen zu können, seien noch wesentliche Verbesserungen seiner Zuverlässigkeit vonnöten. (tasch, 20.1.2018)