Was wurde Johanna Mikl-Leitner belächelt. Sie, die Exinnenministerin mit der hölzernen Rhetorik, soll ihm nachfolgen? Ihm, dem großen Erwin Pröll, dem Landesvater, der Niederösterreich über Jahrzehnte mit strenger Hand führte? Doch die neue Landeshauptfrau wurde unterschätzt. Und mit ihr die Landespartei: Sechs Millionen Euro steckt die stramm organisierte ÖVP in den kurzen Wahlkampf, mehr Geld als alle Mitbewerber zusammen. Tausende Funktionäre im ganzen Land laufen für ihre "Hanni". Der parteiinterne Personenkult um Mikl-Leitner wirkt für Außenstehende manchmal sektenhaft und gruselig. Doch er ist effektiv.

Eine breit aufgestellte, motivierte Organisation, viel Geld und eine Spitzenkandidatin mit hohen Beliebtheitswerten: Damit kann keine andere Partei auf dem Stimmzettel für die Landtagswahl am kommenden Sonntag mithalten.

Die SPÖ unter Franz Schnabl versucht mit dem schrägsten Wahlkampf aller Zeiten, Aufmerksamkeit zu bekommen. Doch warum ausgerechnet sie, in den vergangenen fünf Jahren Koalitionspartner ohne Not für die ohnehin absolut regierende ÖVP, für eine "zweite Meinung" sorgen soll, konnte Schnabl bis jetzt nicht vermitteln.

Scharfe Angriffe als Lösung

Das Dilemma der FPÖ: Sie koaliert, bis dato harmonisch, im Bund mit der ÖVP, gegen die sie am Land antritt. Lösungsversuch: scharfe Angriffe gegen die Landeshauptfrau, gern auch untergriffig. Dass nun herauskam, dass Spitzenkandidat Udo Landbauer 2011 einen rechtsextremen Verein unterstützt haben soll, dürfte in der Wahlauseinandersetzung zumindest nicht hilfreich sein. Doch die FPÖ startet vom historischen Tief von acht Prozent und kann jedes Ergebnis darüber leicht als Erfolg verkaufen.

Die Grünen kämpfen um den Wiedereinzug in den Landtag – unter erschwerten Bedingungen. Die Rettung der Bundespartei vor der Pleite schluckte das Wahlkampfbudget. Spitzenkandidatin Helga Krismer haftet persönlich für den Parteikredit. Das zeigt Engagement. Und Verzweiflung.

Einen schweren Stand haben auch die Neos mit Spitzenkandidatin Indra Collini – die bis vor kurzem selbst vielen Insidern nicht bekannt war. Die Schwäche von Grünen und Neos macht die Gefahr real, dass nur Parteien im Landtag vertreten sind, die dank des antiquierten Proporzsystems auch in der Landesregierung sitzen. Die ohnehin schwache Opposition in Niederösterreich wäre damit tot.

Die ÖVP ist dagegen fast sorgenfrei. Die Bundespolitik pfuscht ihr bis Sonntag nicht ins Zeug, da hat die Landeshauptfrau bei Kanzler Kurz vorgesorgt. Mikl-Leitner stapelt tief und übt sich im Erwartungsmanagement, doch natürlich spitzt sie auf die Absolute.

Das würde eine Verschärfung des Demokratiedefizits im Land bedeuten, das wegen des Proporzsystems ohnehin akut ist: Die ÖVP umarmt alle Parteien zu Tode, die groß genug sind, um ihr gefährlich zu werden. Niederösterreich bräuchte eine starke Opposition. Doch damit ist in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. (Sebastian Fellner, 21.1.2018)