Dummerstorf – Bei der Zucht auf bestimmte physiologische Merkmale, beispielsweise weibliche Tiere mit hoher Körpergröße und Körpergewicht oder eine veränderte Fellfarbe, übernehmen auch männliche Tiere dieser Population die erwünschten Eigenschaften. Deutsche Wissenschafter sind nun der bislang ungeklärten Frage nachgegangen, ob auf Fruchtbarkeit selektierte Weibchen auch "automatisch" hochfruchtbare Männchen folgen.

Die seit 2013 am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN) laufenden Forschungen am Mausmodell haben bisher ergeben, dass sich männliche Tiere eher nicht auf dieses typische weibliche Zuchtmerkmal einstellen lassen. Die Untersuchungen sollen jetzt in einem größeren Forschungsvorhaben fortgeführt werden. Die Erkenntnisse sind auch für die Humanmedizin von großem Interesse und im November vergangenen Jahres gleich in zwei namhaften englischen Wissenschaftsjournalen veröffentlicht worden.

Keine erhöhte Fruchtbarkeit bei Männchen

"Uns hat nun die Frage beschäftigt, was passiert, wenn man Tiere auf große Würfe und somit auf eine hohe Fruchtbarkeit selektioniert", sagte Joachim M. Weitzel aus dem Institut für Fortpflanzungsbiologie am FBN. "Dieses ist ein primär weibliches Selektionskriterium und hat keine bedeutsamen Folgen in männlichen Nachkommen. Im Gegensatz zu den weiblichen Tieren zeigen die männlichen Tiere bei der Zucht eine normale, aber keine erhöhte Fruchtbarkeit. Nur Weibchen lassen sich bislang also auf hohe Wurfgrößen züchten."

Als Grundlage für die molekularbiologischen und hormonellen Analysen der männlichen Tiere, vor allem auf der Basis moderner Genexpressionsanalysen, dienten die international renommierten Dummerstorfer Mäuselinien. Diese sind weltweit die einzigen, die bereits auf eine erhöhte Fruchtbarkeit gezüchtet worden sind. Die Maus der Dummerstorfer Fruchtbarkeitslinie bringt pro Wurf durchschnittlich 20 Nachkommen zur Welt und das bis zu viermal im Jahr.

Diese Mäuse haben im Vergleich zu einer normalen Kontrolllinie nicht nur die Anzahl der Nachkommen, sondern auch das gesamte Geburtsgewicht eines Wurfes fast verdoppelt. "Wir konnten gleich im doppelten Sinne im Zeitraffer arbeiten", so Weitzel. "Zum einen sind unsere Mauslinien schon seit 180 Generationen auf das Merkmal der hohen Fruchtbarkeit selektiert, zum anderen sind Mäuse durch ihre schnelle Reproduktion und damit extrem kurze Generationszyklen besonders für derartige komplexe wissenschaftlichen Fragestellungen geeignet."

Mehrere Wege zu erhöhter Fruchtbarkeit

Die Wissenschafter konnten in der im Fachjournal "BMC Genomics" präsentierten Studie auch zeigen, dass zwei auf hohe Fruchtbarkeit selektionierte Mauslinien dafür unterschiedliche Strategien entwickelt haben, die für die Schweinezucht von konkreter Bedeutung sind. Solche Daten sind auch mit Blick auf die Biodiversität von Tierpopulationen interessant, da sich das gleiche phänotypische Merkmal, hier die hohe Fruchtbarkeit, offensichtlich auf unterschiedlichen molekularen Wegen realisieren lässt. (red, 24.1.2018)