Der Axolotl ist ein Meister der Selbstheilung – mit beeindruckendem Erbgut.

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Ein Junggebliebener ist der Axolotl schon seit Jahrmillionen. Der urtümlich anmutende Schwanzlurch, der mit vollem Namen Ambystoma mexicanum heißt, verbringt sein gesamtes Leben im Larvenstadium. Selbst die Geschlechtsreife ändert nichts an seiner kindlichen Erscheinungsform, die sonst bei Amphibien übliche Metamorphose bleibt bei ihm aus. Doch vom jungen Aussehen sollte man sich nicht täuschen lassen: Erlebt hat der ungewöhnliche Salamander mehr, als die meisten glauben.

Die Azteken verehrten ihn als heiliges Tier und gaben ihm den Namen ihrer Gottheit Xolotl, verspeisten ihn allerdings zwischendurch auch ganz gern. Dass ihm auch seinesgleichen schmeckt, gehört zu den vielen dokumentierten Ungewöhnlichkeiten dieser Art – der Hang zum Kannibalismus ist ziemlich ausgeprägt. Der berühmte deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt brachte den Salamander, der bis dahin einzig in einem vulkanischen Becken bei Mexiko-Stadt gelebt hatte, 1804 als exotische Kuriosität nach Europa.

Hier waren es vor allem die Wissenschafter, die ihm bald verfielen. Das lag nicht am Geschmack seines angeblich süßlichen Fleischs, sondern daran, dass der ausgewachsen etwa 25 Zentimeter lange Axolotl der unbestrittene Regenerationsweltmeister unter den Wirbeltieren ist: Ohne Mühe lässt er verlorene Gliedmaßen samt Knochen, Muskeln und Nerven binnen kürzester Zeit wieder nachwachsen. Nicht nur das: Tut es not, bildet er auch ein verletztes Auge, Organe oder sogar Teile seines Gehirns vollständig und funktionstüchtig nach. Ein richtiger Profi unter den Wunderheilern also, ein biomedizinischer Traum.

Seither arbeiten Forscher unermüdlich daran, das Erfolgsgeheimnis des Axolotls zu lüften. Warum ausgerechnet dieser Schwanzlurch solch beneidenswerte Fähigkeiten besitzt und welche Prozesse sie ermöglichen, ist freilich immer noch nicht ganz geklärt. Die rasanten Fortschritte in Molekularbiologie und Genetik gehen aber auch am Axolotl nicht vorbei. Jetzt gelang es Wissenschaftern erstmals, das riesige Erbgut des Salamanders zu entschlüsseln – mit 32 Milliarden Basenpaaren ist es das größte bisher sequenzierte Genom überhaupt. Der DNA-Bauplan ist ein wichtiger Schritt, um die Selbstheilung zu verstehen. Aber was auch immer noch über den mexikanischen Schwanzlurch bekannt werden wird: Überleben wird uns der ewige Jungspund wohl alle. (David Rennert, 25.1.2018)