Feldenkrais im Baumarkt und im Lichte der Performancegeschichte: Perspektivwechsel von Carola Dertnig.

Foto: Carola Dertnig, Galerie Crone

Nicht nur Melania, auch Nancy Reagan, Barbara Bush und Tipper Gore hat Martha Wilson bereits imitiert. Die amerikanische Performancekünstlerin (geb. 1947) schlüpft seit dreißig Jahren in die Rolle der jeweiligen First Ladies, um die US-Politik satirisch-kritisch zu kommentieren. Als Barbara Bush verteufelte sie etwa die Drogen und verteidigte den traditionellen Platz, den das konservative Amerika ihr als (Ehe-)Frau zugesteht.

Die nun in der Ausstellung From the Inside to the Outside in der Galerie Crone in Wien präsentierte Arbeit gilt der amtierenden First Lady: Makeover: Melania (2017) zeigt Wilsons Gesicht, das sich mittels Computersimulation innerhalb von 60 Sekunden in Melania und wieder zurück verwandelt. Es geht um den Schönheits- und Jugendwahn, aber auch darum, dass durch die Mittel der digitalen Postproduktion das Alter aus den Bildern verschwindet.

Martha Wilson: "Makeover: Melania" (2017)
Galerie Crone

Körperflüssigkeiten im Outer Space

Dieser geglätteten Welt, in der es keine Flecken und schon gar keine Körperflüssigkeiten mehr gibt, widersetzt sich auch Ashley Hans Scheirl: Glamour of Anal Narration (2016) heißt etwa eines seiner vor allem farblich gesehen sehr poppigen Bilder. Auf dem Gemälde der letztjährigen Documenta-Teilnehmerin spritzt Körperflüssigkeit in den Outer Space, während auf einem anderen Bild ein Haarzopf zu einer kleinen braunen Fontäne wird. Ashley Hans Scheirl interessiert die Darstellung der Transformation, die Fluidität der Identität, die von ihr mit körperbezogenen Formen, aber auch abstrakt dargestellt wird.

Von Markus Schinwald wird die Lust an der Verwandlung wieder anders vorexerziert: "Der Körper als Spiegel unseres Innersten ist unter Schinwalds Hand Manipulationen und Transformationen ausgesetzt", schreibt Andreas Huber, Leiter der Galerie Crone, der die Körper und Grenzüberschreitung thematisierende Ausstellung kuratiert hat. Während sich Schinwald ansonsten jedoch gerne den Untiefen des Menschseins widmet, lädt Untitled (Poles #16) von 2014 eher zum Schmunzeln ein: Die Figur setzt sich aus eleganten Holztischbeinchen und einer Messingstange zusammen. Erstere sind dabei auf eine Weise um die Stange geschlungen, dass man darin eine Pole-Tänzerin in Bewegung erkennt.

Ashley Hans Scheirl: "Glamour of Anal Narration" (2016)
Galerie Crone

Workout im Baumarkt

Ähnlich charmant ist auch Carola Dertnigs Objekt CD_KMH (2017), das die Künstlerin in mehrfacher Weise zum Leben erweckt. Es handelt sich dabei um einen liebevoll restaurierten sogenannten Karl-Marx-Stufenhocker aus der ehemaligen DDR. Im Galerieraum hat man den Eindruck, er wolle mit Schinwalds Tänzerin ins Gespräch kommen. Manchmal wird er von der Künstlerin aber auch als Podest für Performances benutzt.

Dass Carola Dertnig diesbezüglich durchaus Spontaneität eigen ist, stellt sie auch mit der 2017 entstandenen Fotoserie Felden_kreis unter Beweis: Die Fotos zeigen die Künstlerin in einem Baumarkt, wo sie mit verbiegbaren Rohren in ihren Händen diverse Feldenkrais-Übungen macht.

Dieser gelungenen "Materialisierung" der alternativen Bewegungslehre, die sie auch in der Tiroler Künstlerschaft in Innsbruck (bis 27. 1.) vorführt, steht in der Galerie Crone wiederum die Soundarbeit Kristin Oppenheims (geb. 1959) gegenüber: She Was Long Gone ("long gone, long gone"), wiederholt sie mit eingängiger Stimme, die sich Pingpong-artig durch den Raum zu bewegen scheint. Oppenheim thematisiert das Verschwinden, während sie so gleichzeitig den Raum in eine melancholische Atmosphäre hüllt. (Christa Benzer, 27.1.2018)