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Sonderermittler Robert Mueller sollte gefeuert werden – so wünschte es Donald Trump.

Foto: AP / Charles Dharapak

Wann immer der US-Präsident etwas vom Tisch zu wischen versucht, was ihm nicht passt, spricht er von falschen, erfundenen Nachrichten. So auch am Freitag in Davos, als Donald Trump die neuesten Enthüllungen der Russland-Affäre kommentierte. "Fake-News, Leute. Fake-News. Typische 'New York Times'-Lügengeschichten."

Nicht nur in der "New York Times", auch in der "Washington Post" war am Freitag zu lesen, dass Trump die Entlassung des Sonderermittlers Robert Mueller nicht nur erwog, sondern tatsächlich anordnete. Im Mai vorigen Jahres war der frühere FBI-Chef vom stellvertretenden Justizminister Rod Rosenstein beauftragt worden, einem Verdacht nachzugehen. Er sollte herausfinden, ob Trumps Wahlkampfteam geheime Absprachen mit dem Kreml traf, um der Kontrahentin Hillary Clinton zu schaden. Bereits im Juni, berichten die beiden angesehensten US-Zeitungen, gab der Präsident die Order, Mueller zu feuern. Doch bevor sie ausgeführt werden konnte, legte sein oberster Rechtsberater sein Veto ein. Für den Fall einer Abberufung Muellers soll Donald McGahn mit seinem Rücktritt gedroht haben.

Die Intervention zeigte Wirkung: Letzten Endes ließ sich Trump von einem Schritt abhalten, den er mit Interessenkonflikten des Mannes begründet hatte, der in Washington den Ruf eines überaus gründlichen, absolut unbestechlichen Juristen genießt.

Mueller, argumentierte er, könne schon deshalb nicht fair sein, da er im Streit um Gebühren im Jahr 2011 seine Mitgliedschaft in einem Trump-Golfklub in Sterling, einer Kleinstadt in Virginia, gekündigt hatte. Zudem lasse er die gebotene Neutralität vermissen, weil er zuvor für eine Anwaltskanzlei arbeitete, die Trumps Schwiegersohn Jared Kush- ner vertrat. McGahn, aufgefordert, die Anordnung an das Justizressort weiterzugeben, widersetzte sich. Ein Rauswurf Muellers hätte katastrophale politische Folgen, soll er intern gewarnt haben.

Interessenkonflikt

Der Bericht steht in auffälligem Widerspruch zu den Antworten, die die Kommunikationsabteilung des Weißen Hauses bisher auf Fragen nach Entlassungsgerüchten gab. Dass Trump mit dem Gedanken spielte, Mueller den Stuhl vor die Tür zu setzen, hat er selbst in Tweets erkennen lassen. Allerdings bestreitet seine Sprecherin Sarah Huckabee Sanders bei jeder Gelegenheit, dass den Gedankenspielen jemals konkretes Handeln folgte.

Mueller seinerseits, schreibt die "New York Times", erfuhr von Trumps Konflikt mit McGahn, als seine Leute Mitarbeiter der Regierungszentrale vernahmen, sowohl ehemalige als auch aktuelle.

Ein Präzedenzfall als Warnung

Welches politische Erdbeben der Staatschef ausgelöst hätte, hätte er sich nicht umstimmen lassen, hat einer der profiliertesten Justizexperten der Opposition noch einmal vor Augen geführt. Den Ermittler zu feuern, sagt der demokratische Senator Mark Warner, sei "eine rote Linie, die der Präsident nicht überschreiten kann". Jeglicher Versuch, sich in die Untersuchungen einzumischen, wäre ein eklatanter Missbrauch seiner Macht.

Rechtsprofessoren wiederum diskutieren, ob sich Trump bereits der Behinderung der Justiz schuldig machte, als er seine Anweisung gab – auch wenn er sie letztlich zurückzog.

Es gibt einen Präzedenzfall, der ihm als Warnung dienen sollte, die Entlassung des Watergate-Sonderermittlers Archibald Cox durch Richard Nixon, die als "Saturday Night Massacre" in die Geschichte einging: Im Mai 1973 kam bei einer Anhörung im zuständigen Untersuchungsausschuss des Senats heraus, dass im Oval Office sämtliche Gespräche auf Tonband aufgezeichnet wurden. Der von Nixon eingesetzte Ermittler, Harvard-Professor Archibald Cox, verlangte daraufhin die Herausgabe der Bänder. Der Präsident weigerte sich und feuerte Cox am 20. Oktober 1973, worauf Justizminister Elliot Richardson und dessen Stellvertreter William Ruckelshaus aus Protest zurücktraten. Im Jahr danach war es dann Nixon selbst, der seinen Hut nehmen musste.

Unterdessen sorgte auf ganz anderer Front ein Plan des Weißen Hauses für hitzige Diskussionen in Washington: Im Konflikt um die Einwanderungspolitik will Trump fast zwei Millionen illegal ins Land gekommenen jungen Einwanderern – den sogenannten "Dreamers" – doch noch den Weg zur US-Staatsbürgerschaft anbieten. Aber nur, wenn im Gegenzug der Kongress einen 25 Milliarden Dollar (20,11 Milliarden Euro) schweren Fonds einrichtet, mit dem der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko sowie andere Grenzschutzprojekte finanziert werden können. Die Antwort der Demokraten auf dieses "extrem großzügige Angebot – so das Weiße Haus – kam umgehend: Sie lehnten die Idee glatt ab. (Frank Herrmann aus Washington, 26.1.2018)