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Miloš Zeman freut sich

Foto: REUTERS

Der Präsident der Tschechischen Republik heißt weiterhin Miloš Zeman. Bei der Stichwahl am Freitag und Samstag erhielt der amtierende Staatschef knapp 51,4 Prozent der Stimmen. Sein Gegenkandidat, der Chemiker und ehemalige Chef der tschechischen Akademie der Wissenschaften Jiří Drahoš, kam auf 48,6 Prozent.

Drahoš gratulierte dem Präsidenten noch am Samstagnachmittag zur Wiederwahl. "Wir haben nicht gewonnen, aber wir haben auch nicht verloren", rief er seinen Anhängern im Prager Kongresszentrum zu. Er habe im Wahlkampf eine Menge Energie verspürt – und Energie, so der Naturwissenschafter, gehe nicht verloren. Auch er selbst wolle nicht aus dem öffentlichen Leben verschwinden. Ob er für kommende Wahlen – etwa zu einer der beiden Parlamentskammern oder bei der nächsten Präsidentschaftswahl in fünf Jahren – erneut zur Verfügung stehe, ließ der 68-Jährige jedoch offen.

Zeman-Rede mit bemerkenswerten Gästen

Wenig später trat auch Miloš Zeman in einem Hotel am Prager Stadtrand vor seine Anhänger und feierte den "letzten Wahlsieg" seiner Karriere. Die tschechische Verfassung erlaube nur zwei Amtsperioden eines Präsidenten, sagte der 73-Jährige – und er habe nicht vor, diese Verfassung zu ändern.

Bemerkenswert an der Rede Zemans war weniger das Gesagte als vielmehr die Menschen, die sich dabei um ihn vor den Fernsehkameras versammelten: Neben Ehefrau, Tochter und Mitgliedern seines Wahlkampfteams standen dort nämlich auch der amtierende Parteichef der Sozialdemokraten (ČSSD) Milan Chovanec sowie der Tschechojapaner Tomio Okamura, Chef der fremdenfeindlichen Partei "Freiheit und direkte Demokratie" (SPD).

In der tschechischen Sozialdemokratie gibt es einen starken Flügel, der den ehemaligen Parteichef Zeman, welcher sich einst im Streit von der ČSSD getrennt hat, nach wie vor unterstützt. Im Gegensatz zum ehemaligen sozialdemokratischen Premier Bohuslav Sobotka wird Chovanec genau diesem Flügel zugerechnet – was nun am Wahlabend augenfällig bestätigt wurde. Okamura wiederum hatte Zeman zuletzt häufig wegen seiner Anti-Migrationspolitik gelobt.

Hauptthema Migration

In der Tat war Migration eines der zentralen Themen des Wahlkampfs. Obwohl es in Tschechien kaum Flüchtlinge gibt, prägt sie seit längerem die Berichterstattung in den Medien. Dabei waren sich die Kandidaten eigentlich in vielen Punkten einig: So lehnten etwa beide die verpflichtenden Quoten zur Aufteilung von Flüchtlingen in der EU klar ab und forderten vor allem einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen.

Während sich Drahoš jedoch auch dem Thema Migration mit wissenschaftlicher Nüchternheit nähert und vermehrtes Engagement bei der Bekämpfung von Fluchtursachen etwa durch Bewässerungssysteme in Afrika einforderte, schoss sich Zeman auf den Islam ein, den er einmal als "Religion des Hasses" bezeichnete. Es war auch kaum jemand überrascht, als wenige Tage vor der Stichwahl Inserate auftauchten mit dem Text: "Stoppt die Migranten, stoppt Drahoš – dieses Land gehört uns."

Einen wesentlichen Unterschied gab es in der Frage von Referenden zu außenpolitischen Fragen – auch über einen eventuellen Austritt aus der Europäischen Union. Zeman sieht darin kein Problem, würde jedoch laut eigener Aussage für einen Verbleib in der EU werben. Drahoš hingegen plädierte dafür, Referenden auf regionalpolitische Themen zu beschränken und komplexe Fragen den Mechanismen der repräsentativen Demokratie zu überlassen – und nicht vereinfachenden Wahlkampagnen. Dem amtierenden Präsidenten Zeman warf Drahoš zudem allzu große Nähe zu Russland und China vor.

Problem Regierungsbildung

Die Wahl stand auch im Zeichen des bisher erfolglosen Versuchs, eine Regierungsmehrheit im Abgeordnetenhaus zustandezubringen. Bei der Parlamenstwahl im Oktober hatte die liberal-populistische Partei Ano des Milliardärs Andrej Babiš mit knapp 30 Prozent der Stimmen zwar souverän den ersten Platz belegt, konnte sich jedoch mit den anderen Parteien weder auf eine Koalition noch auf die Unterstützung einer Minderheitsregierung einigen. Präsident Zeman ernannte dennoch ein Kabinett von Ano-Politikern und parteilosen Experten unter der Führung von Premierminister Babiš, das bei der Vertrauensabstimmung im Parlament Mitte Jänner prompt durchfiel.

Zeman ließ sich davon nicht irritieren und beauftrage Babiš erneut mit der Bildung einer Regierung. Für Kopfschütteln sorgte er vor allem mit der Ankündigung, im Falle einer Niederlage gegen Drahoš möglichst rasch ein weiteres Kabinett Babiš anzugeloben. Zemans erste Amtszeit nämlich läuft – unabhängig vom Ausgang der Stichwahl – erst am 8. März ab. Nur bei einem Sieg wollte er Babiš mehr Zeit geben, eine Parlamentsmehrheit auszuhandeln – gerne auch "Monate".

Die Nähe zwischen Zeman und Babiš war immer wieder Gegenstand von Kritik gewesen. Vor allem auch deshalb, weil die anderen Parteien Babiš wegen dessen strafrechtlicher Probleme aus der Regierung drängen wollen: Der Premier wird von der Polizei im Zusammenhang mit dem mittelböhmischen Freizeitareal Čapí hnízdo (Storchennest) des EU-Subventionsbetrugs beschuldigt und hat deshalb jüngst seine Immunität im Abgeordnetenhaus verloren.

"Zwischen Zirkus und Fußballmatch"

In der ersten Runde vor zwei Wochen, in der noch neun Kandidaten gegeneinander angetreten waren, hatte Miloš Zeman sich mit 38,6 Prozent der Stimmen klar an die Spitze gesetzt. Jiří Drahoš war mit 26,6 Prozent auf Platz zwei gelandet.

Der Wahlkampf seither war geprägt von zwei TV-Duellen, die kaum unterschiedlicher hätten sein können: Das erste lief im Privatsender Prima. Der Diplomat Pavel Fischer, der als Drittplatzierter der ersten Runde die Debatte nur als Zuschauer verfolgte, sprach hinterher von einer Atmosphäre "zwischen Zirkus und Fußballmatch". Damit spielte er auf die johlenden Zuschauer an, die vor allem die berüchtigten Bonmots Zemans mit wohlwollendem Gelächter quittierten. Aber auch viele Themen der Diskussion, wie etwa das Rauchverbot in Gaststätten, entfernten sich inhaltlich doch weit von Rolle und Aufgaben eines Staatsoberhaupts.

Die zweite Debatte im altehrwürdigen Konzertsaal Rudolfinum am Prager Moldauufer, übertragen im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen, verlief dann in ruhigerem Ton. Das kam vor allem Drahoš entgegen, der im Hexenkessel von TV-Prima noch steif und hölzern gewirkt hatte, während Zeman sich geradezu genüsslich im Scheinwerferlicht aalte. Im sachlicheren Umfeld von Česká televize ging Drahoš häufig in die Offensive und konnte auch inhaltlich öfter punkten. Für einen Wahlsieg gereicht hat es am Ende jedoch nicht.

Fauxpas zu Österreich

Tschechische Medien listeten später in Faktenchecks auf, dass Zeman in der Debatte weitaus häufiger daneben lag als Drahoš, dem er vorwarf, nichts von Politik zu verstehen. Einer seiner spektakulärsten Irrtümer betraf ausgerechnet sein positives Verhältnis zur FPÖ und seine Unterstützung für den ehemaligen freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer im österreichischen Wahlkampf. Gefragt, ob es in Ordnung sei, sich in ausländische Wahlauseinandersetzungen einzumischen, erklärte Zeman, er habe das nur einmal getan – als er Hofer auf der Prager Burg empfing. Später habe er die Sache mit dem Wahlsieger "Van Bellen" (sic) freundschaftlich geklärt. Und immerhin zeige sich nun, dass Hofer in der neuen österreichischen Regierung offenbar Außenminister werde.

Die Aufklärung in der Sache blieb den Journalisten vorbehalten. Von Jiří Drahoš kam in der Debatte keine Replik – weder zum richtigen Namen des österreichischen Bundespräsidenten, noch zur Tatsache, dass es längst eine österreichische Regierung gibt, in der Norbert Hofer Infrastrukturminister ist. (Gerald Schubert aus Prag, 27.1.2018)