Annalena Baerbock und Robert Habeck sollen den deutschen Grünen Profil geben.

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Berlin/Wien – Die Zeit drängt, denn in zwei Jahren werden die deutschen Grünen 40 Jahre alt – und spätestens zu diesem Zeitpunkt wollen sie wieder ein politischer Faktor sein, um den man nicht mehr herumkommt.

Zu viele Themen hat man sich vom politischen Mittbewerb wegnehmen lassen: Ausstieg aus der Atomenergie? Diese Langzeitforderung machte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu eigen, als die öffentliche Meinung 2011 nach dem Reaktorunfall im japanischen Fukujima kippte.

Ehe für alle? Auch da schnappte die Kanzlerin zu, indem sie die Abstimmung für "ihre" Abgeordneten freigab. Ob Agrarpolitik oder Datenschutz – stets war die Konkurrenz schneller und smarter.

Linkenfreundlicher Realo

Nun also Neustart. Verkörpern und durchziehen sollen diesen Annalena Baerbock und Robert Habeck – Bundestagsabgeordnete die eine, schleswig-holsteinischer Umweltminister der andere. Beide werden den "Realos" zugerechnet, eine reichlich ungewöhnliche Führungskonstellation bei den deutschen Grünen. Doch vor allem Habeck wird auch im linken Flügel anerkannt, angeblich soll der 48-Jährige dort geradezu beliebt sein.

Im Gespann mit der 37-jährigen Schnellrednerin Baerbock soll er die Blamage der Bundestagswahl vom September 2017 vergessen machen, als die Partei das selbst ausgegebene Ziel verfehlte, zweistellig zu werden und sich als stärkste Kraft hinter CDU/CSU und SPD zu etablieren. Die Realität ist heute eine andere: Die Grünen stellen die kleinste der sechs Fraktionen im Bundestag.

Mehr Profil erwünscht

Das wird wieder anders werden – davon zeigte man sich beim Parteitag am Samstag in Hannover überzeugt. "Realo"-Politik zu betreiben bedeutet nun für die Grünen, in die Mitte zu rücken, bürgerlicher zu werden, mehr Profil in der Oppositionsarbeit zu zeigen. Und man will mit der Vergangenheit abschließen: Die bisherigen, zumeist glücklos agierenden Parteichefs Cem Özdemir und Simone Peter verzichteten von Haus aus auf eine Kandidatur. Motto ab sofort: Zusammenhalt statt Flügelkampf. (Gianluca Wallisch, 29.1.2018)