Gewiss gibt es härtere Prüfungen des Menschseins. Aber auch diese ist eine nennenswerte.

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Warum das "Dschungelcamp" Menschen, die den Sender RTL sonst meiden, zwei Wochen lang genau dessen Ziffernkombination auf der Fernbedienung drücken lässt, dem versuchen Feuilletons mit verschiedenen Erklärungen beizukommen. Man kann den dafür verantwortlichen Umstand mit Roger Willemsen zum Teil sicher auch schlicht "Konträrfaszination" nennen, also den seltsamen Reiz des gar so anderen.

Doch warum nicht an das Gute im Zuschauer glauben und einmal einen menschenfreundlicheren Hinschauensgrund vermuten? Etwa dass nicht Hohn und Spott und Schande des Publikums Herz erfreuen. Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! lässt uns nämlich ebenso einmal im Jahr in den vermeintlich abgehalftertsten Teilnehmern des Showgeschäfts mitunter Bestes entdecken!

Und zwar, wenn sie über sich hinauswachsen. Den ganz natürlichen, kreatürlichen Ekel zu bezwingen wird hier regelmäßig zur Tugend. Gewiss gibt es härtere Prüfungen des Menschseins. Aber auch diese ist eine nennenswerte.

Natürlich kennen die Teilnehmer mittlerweile die Gelüste des Publikums wie der Macher. Und sie müssen bei Vertragsunterzeichnung schon mit der späteren Häme der Moderatoren rechnen. Wer bis zu seinem Einzug nicht gelernt hat, auf dieser Klaviatur zu spielen, ist selbst schuld. Selbiges gilt für jeden Streit, jede Beichte.

Es mag naiv sein. Aber die Überwindung, unter einem Madenregen zu stehen, in einer Schlangengrube zu liegen oder in eine Kotzfrucht zu beißen, um die gelben Sterne zu holen, lässt sich wohl schwer vortäuschen. Konträrtitelvorschlag für das Format? Hier ist ein Mensch, schick ihn nicht fort! (Michael Wurmitzer, 29.1.2018)