MeToo hat schon längst auch Frankreich erreicht: Budgetminister Gérald Darmarin dementiert Vorwürfe der Vergewaltigung.

Foto: APA / AFP / Ludovic Marin

Der Fall ist politisch hochbrisant – und er verdeutlicht allgemein die enormen Beweisschwierigkeiten der MeToo-Vorwürfe. Wie am Wochenende bekannt wurde, ermittelt die Pariser Staatsanwaltschaft aktuell gegen Budgetminister Gérald Darmanin (35) wegen möglicher Vergewaltigung. Klägerin ist Sophie Spatz (46). Das ehemalige Callgirl wollte 2009 eine Vorstrafe tilgen und wandte sich an Darmanin. Der konservative Nachwuchspolitiker habe ihr versprochen, sich brieflich bei Parteifreundin und Justizministerin Rachida Dati für sie einzusetzen.

Fast im gleichen Atemzug habe er sie zum Abendessen eingeladen, und bei diesem habe er sie überredet, mit ihm den Swingerklub Les Chandelles und dann ein Hotelzimmer aufzusuchen, erklärt jetzt die Klägerin. Dort habe er sich an ihr vergangen. Sie habe sich bloß "aus Überraschung" nicht dagegen gewehrt, erklärt nun Spatz’ Anwältin.

Stundenlange Befragung

Darmanin bestreitet jegliche Gewaltanwendung. Die Staatsanwaltschaft muss von Amts wegen der Vergewaltigungsklage nachgehen – Tatbestände wie sexuelle Belästigung sind hingegen verjährt. Schon vergangene Woche wurde die Klägerin mehrere Stunden lang befragt. Sie hatte schon im Juni 2017 eine erste Klage eingereicht, als Darmanin Minister geworden war. Zur Einvernahme war sie dann aber nicht erschienen. Der Anwalt des Ministers ließ verlauten, die Rechtsklage diene bloß dem Zweck, seinem Klienten zu "schaden". Das aber bestritt die Anwältin der Klägerin am Sonntag.

Seitdem Staatspräsident Emmanuel Macron den Kampf gegen sexuelle Gewalt zu einer Priorität seiner Regierungspolitik erklärt hat, behandeln die französischen Medien den Fall mit Glacéhandschuhen – weisen aber darauf hin, dass die Klägerin früher wegen "Erpressung, schädlicher Telefonanrufe und Drohung" verurteilt worden sei.

Vorwürfe zurückgewiesen

Darmanin selbst erwähnte vergangene Woche den Fall in einer Radiosendung – dabei räumte er ein, die Frau "manchmal zweifellos etwas plump" angemacht zu haben. Die Darstellung der Lage durch die Klägerin sei aber "natürlich falsch".

Premierminister Edouard Philippe sprach Darmanin am Wochenende das Vertrauen aus – er will nicht mit der Justiz interferieren und hatte schon früher klargemacht, dass Minister zurücktreten müssten, wenn gegen sie ein formelles Strafverfahren eröffnet werde. Die sozialistische Senatorin Laurence Rossignol, unter Ex-Präsident François Hollande Frauenministerin, bezeichnete den Fall am Sonntag als "peinlich". Der Unschuldsvermutung stehe die Pflicht entgegen, das "Wort der Klägerin zu respektieren".

Die Konstellation von Aussage gegen Aussage herrscht in der überwiegenden Mehrheit all jener Klagen vor, die im Zuge der Weinstein-Affäre in Frankreich aufkommen. Laut Innenministerium nahm die Zahl der Klagen wegen sexueller Übergriffe im letzten Quartal 2017 landesweit um 31,5 Prozent zu. In den meisten Fällen lägen die Vorgänge allerdings schon mehr als ein Jahr zurück, die Beweislage sei daher nur noch sehr schwer zu klären. (Stefan Brändle aus Paris, 29.1.2018)