Trotz heftiger Proteste von Tierschützern hält Spanien am "Kulturgut" Stierkampf (im Bild eine Corrida in Pamplona) fest, zur Freude von Einheimischen, aber auch vieler Touristen. Im Vorjahr zählte Spanien so viele internationale Gäste wie noch nie.

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Spanien hat 2017 das fünfte Jahr in Folge einen Tourismusrekord aufgestellt. Mit mehr als 82 Millionen Gästen wurde der bisherige historische Höchstwert von 2016 (75,3 Millionen) klar übertroffen. Laut vorläufigen Zahlen des Industrie- und Tourismusministeriums ist die Zahl der Spanien-Reisenden im Vorjahr um 8,9 Prozent gestiegen. Damit hat Spanien die USA hinter sich gelassen. Nur Frankreich lockt weltweit noch mehr Besucher an.

Ob heuer ähnlich viele oder sogar noch mehr Touristen die Iberische Halbinsel als ihr Urlaubsziel auswählen, ist allerdings mehr als ungewiss. Die Loslösungsbestrebungen Kataloniens vom Rest Spaniens sorgen für Unruhe und Nervenzittern bei Touristikern. Katalonien ist nicht irgendeine Region Spaniens.

Nummer-eins-Tourismusregion

Laut Zahlen des staatlichen Statistikinstituts INE lag Katalonien mit der Hauptstadt Barcelona mit 18,2 Millionen internationalen Gästen und einem Anteil von 23,4 Prozent an der Spitze der spanischen Urlaubsregionen, gefolgt von den Balearen mit Mallorca (13,7 Millionen). Dahinter rangierten die auch im Winter beliebten Kanarischen Inseln (rund 13 Millionen) sowie Andalusien mit elf Millionen Gästen.

Gerade was Katalonien betrifft, sind die Aussichten getrübt. Bereits im November kamen im Jahresvergleich 2,3 Prozent weniger Gäste. Im Schlussquartal 2017 wurden in Katalonien um 127.000 Touristen (davon 85.000 internationale) weniger gezählt als von Oktober bis Dezember 2016. Zur Erinnerung: Am 1. Oktober 2017 hat das von der Zentralregierung in Madrid als illegal erachtete Referendum über eine Loslösung von Spanien stattgefunden.

Madrid hat vom Barcelona-Minus profitiert

Städte wie Madrid haben vom Barcelona-Minus im November mit einem Zuwachs von 17,5 Prozent profitiert. Valencia konnte sogar um 19,5 Prozent zulegen. Dennoch ortet man in Katalonien seit den Wahlen vom 21. Dezember eine leichte Entspannung samt Rückkehr von Touristen.

Mehr als 80 Prozent der Reisenden erreichen ihre Urlaubsdestination in Spanien mittels Flugzeug. Knapp 45 Millionen Gäste kommen mit Billigairlines, fast 42 Millionen mit klassischen Fluggesellschaften. Wichtigste Zielflughäfen sind für Low-Cost-Anbieter Barcelona El-Prat, Málaga Costa del Sol und Madrid Barajas Adolfo Suárez.

Fragezeichen Laudamotion

Spitzenreiter zahlreicher Ausfälle ist im zweiten Halbjahr unangefochten Ryanair, die im Berichtszeitraum insgesamt 38,5 Millionen Spanien-Reisende beförderten.

An zweiter Stelle folgt mit 24 Millionen Reisenden Vueling, die vergebens um Österreichs Niki buhlte, vor Iberia (14 Millionen), beide im Verbund der IAG mit British Airways, sowie EasyJet und Air Europa.

Niki brachte 2017 gut fünf Millionen Spanien-Urlauber an ihr Ziel und lag damit auf Platz zehn. Das auch deshalb, weil Niki bis zur Pleite Flüge der Muttergesellschaft Air Berlin nach Mallorca, zu den Kanaren, nach Alicante und Málaga übernommen hat.

Harter Konkurrenzkampf

Ob die Nachfolgegesellschaft Laudamotion daran anzuknüpfen vermag, bleibt abzuwarten. Der Konkurrenzkampf über Spaniens wenigen Wolken ist jedenfalls hart. So will heuer auch Norwegian durchstarten, während Ryanair am Flughafen Palma de Mallorca zurzeit das Aus von Air Berlin für sich zu nutzen weiß.

Spanien profitiert auch noch stark von der instabilen Lage bei direkten Konkurrenten im Mittelmeerraum wie der Türkei, Ägypten und Tunesien. Nur das boomende Portugal kam zuletzt auf höhere Wachstumsraten im Tourismus als der große Nachbar.

(Jan Marot aus Granada, 29.1.2018)