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Angesichts geschätzter 10.000 alleine in Österreich nicht besetzter IT-Fachkräfte-Jobs forderten Branchenvertreter am Montag "einen herausragenden Masterplan" zur Hebung der Absolventenzahlen. Alleine an den Universitäten bräuchte es am Ende der kommenden vier Jahren eine Budget-Verdoppelung, also zusätzlich 100 bis 120 Mio. Euro pro Jahr, wie Gerald Steinhart von "Informatik Austria" erklärte.

Absolventen im Informatik-Bereich winke jedenfalls umgehend ein Arbeitsplatz, sagte der Obmann des Fachverbandes für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT) bei der Wirtschaftskammer (WKO), Alfred Harl, vor Journalisten in Wien. In ganz Europa fehlten gar rund eine Million einschlägig ausgebildete Arbeitskräfte. Angesichts der Tatsache, dass sich heimische Unternehmen von Jahr zu Jahr immer schwerer täten, qualifizierte Leute zu bekommen, brauche es nun deutliche Impulse, um auch die im Sektor erzielte Wertschöpfung im Land zu halten. Da das neue Wirtschaftsministerium den Begriff "Digitalisierung" so prominent im Namen führt und mit Ministerin Margarete Schramböck (ÖVP) eine Frau aus der Branche zuständig ist, habe man laut Harl für die Anliegen der Branche nun einen "Fuß in der Tür".

"Ziemliche Flaute"

Aktuell zählt man an den österreichischen Universitäten rund 15.700 und an den Fachhochschulen (FH) etwas über 5.000 Informatik-Studenten. Eine "ziemliche Flaute" herrsche allerdings bereits seit Jahren bei den Absolventen, wie Norbert Wohlgemuth vom Kärntner Institut für Höhere Studien (KIHS) ausführte: Etwas über 1.200 Uni-Absolventen und knapp mehr als 1.300 an FH wurden im Studienjahr 2015/16 gezählt. Dem gegenüber stehen hohe Drop-out-Quoten um die 50 Prozent, berichtete der Experte aus dem von ihm mitverfassten "IKT-Statusreport".

Das liege auch daran, dass die Wirtschaft nach Personal giere und daher viele Studenten bereits während des Studiums in Unternehmen arbeiten, was wiederum Abschlüsse verzögere, so der UBIT-Berufsgruppensprecher, Martin Zandonella. Unter den Master-Studenten wisse man aus Befragungen, dass bereits rund 70 Prozent in Firmen engagiert seien. Es handle sich daher in vielen Fällen also um ein "Job-out". Wenn derart zahlreich neben einer Ausbildung gearbeitet wird – "ein quasi duales System" bestehe -, sollte vor allem mit dem Fortschreiten von Studien über berufsfreundlichere Ausbildungsmodelle nachgedacht werden, so Zandonella.

"Wesentlich ungünstiger"

Sehe man sich die Betreuungsrelationen an österreichischen Universitäten in dem Bereich an, seien diese jedenfalls "wesentlich ungünstiger" als in vergleichbaren Regionen, betonte Steinhart. "Berlin, München oder London sind uns davongelaufen", so der ehemalige Dekan für Informatik an der Technischen Universität (TU) Wien. Daher brauche es eine Verdopplung des Budget in den kommenden vier Jahren an den Unis. Um dort zu landen, wären kontinuierlichen Steigerungen der Mittel um 25 bis 30 Millionen pro Jahr notwendig, rechnete Steinhart vor.

Insgesamt gebe es zwar zu wenige Studienplätze: Während aber etwa die TU Wien Studenten im Rahmen des Aufnahmeverfahrens abweisen müsse, blieben an kleineren Unis im Westen des Landes Studienplätze unbesetzt, sagte Steinhart. Man sollte daher darüber nachdenken, die bestehenden Plätze besser zu nutzen. Für ein solches "Studierendenleitsystem" plädierte auch Zandonella.

Einig waren sich die Branchenvertreter, dass es deutlich mehr Auseinandersetzung mit "Computational Thinking" an den Schulen brauche. Dort werde die Informatik "als Stiefkind behandelt", sagte Steinhart. "Nur Tablets zur Verfügung stellen ist nicht ausreichend." Gleiches gelte für das Einbauen von Informatik über alle Fächer hinweg als Unterrichtsschwerpunkt. Es brauche vielmehr durchgehenden Unterricht von der Volksschule bis zur Matura. (APA, 29.1. 2018)