Der Generalbevollmächtigte Thomas Steg (hier auf einem Foto von 2009) ist beurlaubt worden.

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Abgasversuche an Menschen und Affen haben eine Welle der Empörung ausgelöst. Einmal mehr steht VW im Rampenlicht.

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Hamburg – Volkswagen zieht erste Konsequenzen aus dem Skandal um fragwürdige Abgastests. Thomas Steg, früher Vize-Regierungssprecher und bei den Wolfsburgern für Außenbeziehungen und Nachhaltigkeit zuständig, werde bis zur vollständigen Aufklärung der Vorgänge von seinen Aufgaben entbunden, teilte der Konzern am Dienstag mit. Der Konzern habe ein entsprechendes Angebot Stegs angenommen.

Steg hatte zuvor in der "Bild"-Zeitung nach Bekanntwerden des umstrittenen Dieselabgastests mit Affen angekündigt, dass Volkswagen auf Tierversuche verzichten werde. "Wir wollen Tierversuche für die Zukunft absolut ausschließen. Damit so etwas nicht noch einmal passiert." VW lasse prüfen, was nach den Versuchen mit den Affen geschehen sei, in welchem Zustand sie übergeben wurden und wie es ihnen heute gehe.

Die EU-Kommission hofft auf umgehende Antworten aus Deutschland über die Abgasversuche an Affen und Menschen. Die Kommission kenne die entsprechenden Medienberichte dazu, erklärte eine Sprecherin am Montagabend. Man hoffe, dass "der Minister des betreffenden Landes" in der Lage sein werde, bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen am Dienstag zu erklären, was dort passiert sei. Grundsätzlich zeigte sich die Kommission "schockiert" und nehme zur Kenntnis, dass die deutschen Behörden diese nun untersuchen. Die Abgastests seien eine Angelegenheit der nationalen Behörden.

Entschuldigung von Konzernchef

VW-Konzernchef Matthias Müller entschuldigt sich für die Abgastests und nannte die von der Lobbyvereinigung EUGT in den USA praktizierten Methoden "unethisch und abstoßend". "Mit Interessenvertretung oder wissenschaftlicher Aufklärung hatte das nichts, gar nichts zu tun", sagte Müller laut einem Redemanuskript am Montagabend. "Mir tut es leid, dass Volkswagen als einer der Träger der EUGT an diesen Vorgängen beteiligt war." Der Vorfall habe ihm auch vor Augen geführt, dass sich VW und die Industrie insgesamt noch ernsthafter und sensibler mit ethischen Fragen auseinandersetzen müssten. "Es gibt Dinge, die tut man schlicht nicht. Punkt!", sagte Müller, der den Konzern seit Bekanntwerden des Dieselskandals vor fast zweieinhalb Jahren führt. "Es liegt noch ein langer Weg vor uns, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen."

Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch hatte am Montag bereits eine umfassende Aufklärung der Vorfälle angekündigt und dabei auch personelle Konsequenzen nicht ausgeschlossen. Die durch Affenversuche in den USA in die Kritik geratene Europäische Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT) soll auch ein Experiment gefördert haben, bei dem sich Probanden an einem Institut des Aachener Uniklinikums dem Reizgas Stickstoffoxid aussetzten.

Neuerlicher Vertrauensverlust

In der Automobilindustrie schrillen wieder die Alarmglocken. Der Vorstand des Branchenverbands VDA will Insidern zufolge am Nachmittag auf einer Sitzung diskutieren, wie der erneute Vertrauensverlust wieder rückgängig gemacht werden kann, auch wenn das Hauptthema des Treffens die Wahl des früheren Ford-Managers Bernhard Mattes zum neuen VDA-Präsidenten ist. Der Verband kündigte am Dienstag weitere Initiativen zur Luftreinhaltung in Städten an. Ziel sei es, gemeinsam mit besonders betroffenen Kommunen Wege zur Senkung der Stickoxidbelastung zu suchen. Hintergrund der Aktion sind offenbar auch die nach den jüngsten Negativschlagzeilen lauter werdenden Forderungen aus der Politik an die Branche, bei der Bewältigung der Stickoxid-Probleme mehr zu tun.

Die Autobauer sind nach fragwürdigen Tests an Affen und Menschen öffentlich einmal mehr in der Defensive. Der Skandal droht das ohnehin wegen Dieselschummeleien und Kartellvorwürfen ramponierte Image der Industrie weiter zu beschädigen. Der Druck dürfte noch zunehmen, wenn das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Ende Februar ein Urteil über Fahrverbote spricht. Diese drohen in mehreren Großstädten, in denen die Stickoxid-Grenzwerte oft überschritten werden. Die EU hat deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erstattete am Dienstag in Brüssel Bericht, wie es mit der Abgasreduzierung in deutschen Städten vorangeht. (Reuters, 30.1.2018)