Von der Bio-Baumwolle zur Fair-Trade-Kleidung mit Wohlfühlaufdrucken. Diese Idee wird für Lisa Muhr, Gründerin des Labels Göttin des Glücks nun zum Balanceakt.

Foto: Göttin des Glücks

Lisa Muhr mit ihrem indischen Baumwoll-Lieferanten. Die Bio-Baumwolle wird nach Fair-Trade-Vorgaben zu Stoffen und Kleidungsstücken verarbeitet.

Wien – Massen an Billigware, Rabattschlachten, permanente Sortimentswechsel. Gegen diesen Wahn hat sich Lisa Muhr vor zehn Jahren gestellt und das Modelabel Göttin des Glücks gegründet. Mit 100 Prozent Bio und Fair-Trade-Mode hat sie die Fair-Fashion in Österreich salonfähig gemacht.

"Begonnen hat das alles als Spaßprojekt", sagt Muhr. Bei einer Designmesse in Stuttgart hat Muhr, die eigentlich Architektin ist, zwei Modedesignerinnen und einen Bildhauer kennengelernt. "Wir konnten zu viert super miteinander und haben begonnen, neben unseren Selbstständigkeiten Stoffe zu kaufen und zu nähen." Die Idee der Wohlfühlmode mit Aufdrucken wie "Danke mir gehts gut" oder "Göttin" haben gefallen. "Als wir bei 300 Stück waren, wollten wir nicht mehr selber nähen."

Unternehmerischer Alltag

Aus dem Spaß wurde der Ernst des unternehmerischen Alltags. Schnell hat sich gezeigt: Zu viert Spaß zu haben ist etwas anderes, als zu viert von der Idee der unter fairen, sozialen und ökologischen Bedingungen hergestellten Röcke, Kleider und Shirts leben zu können. Damit das gelingt, wurde expandiert, das Sortiment erweitert. Heute gibt es fünf Shops. Trotz aller Hürden in den vergangenen Jahren, ging es sich für das Team immer irgendwie aus. Auch, als eine Gründungspartnerin unerwartet gestorben ist und sich eine zweite aus dem Projekt zurückzog.

Bis jetzt. Denn nach einigen Rückschlägen hängt das Schicksal des Labels nun am seidenen Faden. Zeit zum Aufgeben ist für Muhr aber noch nicht. Eine Genossenschaft soll das ökofaire Modelabel retten, das eben nicht nur Fair Trade zertifizierte Biobaumwolle verarbeitet – womit sich große Ketten oft profilieren – sondern in der gesamten Produktionskette den Kriterien des fairen Handels entspricht. Anteile an der Genossenschaft können ab 100 Euro gezeichnet werden. Genossenschafter bekommen Gutscheine und Rabatte, auch eine Dividende ist für Muhr denkbar. Über die Genossenschaft soll ein Franchise-System aufgebaut werden, um das Wachstum voranzutreiben, die Sortimentsvielfalt sicherzustellen und letztlich eine gesunde ökonomische Größe zu erreichen – sprich die Gewinnzone zu erreichen.

Die Zeit läuft

Dafür muss der Umsatz verdoppelt werden. Kämen zu den fünf Shops vier Franchiseläden dazu, müsste sich das ausgehen, sagt Muhr. 200.000 Euro braucht die Genossenschaft, deren Gründung Ende Februar abgeschlossen sein sollte. Nun drängt die Zeit, denn erst 92.000 Euro sind eingesammelt.

Bei sieben Investoren ist Muhr bereits abgeprallt. Diese setzten lieber auf neue Start-ups oder seien auf die IT-Branche fokussiert. Mit Mode hätten Geldgeber weniger am Hut. Ein weiteres Crowdfunding komme derzeit nicht in Frage, denn "das wären neue Verbindlichkeiten in einer GmbH mit schlechten Zahlen", sagt Muhr. In der Bilanz für 2016 steht ein negatives Eigenkapital von 295.000 Euro. Das abzuarbeiten ist Muhr ein großes Anliegen.

"Letzter Appell"

Mit einem Video auf Facebook richtet Muhr nun einen "letzten Appell" an die Menschen und erklärt ihre Idee. Aus ihren Rückschlägen macht sie keinen Hehl. So habe der extrem heiße Sommer 2015 die Leute nicht dazu animiert, in Umkleidekabinen Neues anzuprobieren, der milde Winter in selbigem Jahr hat auch die Winterkollektion zum Ladenhüter gemacht. Im Zuge der Flüchtlingskrise standen viele ihrer Kunden helfend am Westbahnhof. Da waren neue Kleider kein Thema. Auch der im Dezember 2015 erhoffte Silberstreif am Horizont – ein Shop im ersten Wiener Gemeindebezirk – wurde zum Flop. Nach fünf erfolgreich eröffneten Geschäften wollte jenes in der Wiener Innenstadt einfach nicht durchstarten.

All das habe Geld gekostet und keines gebracht. Den Hut d‘rauf hauen kann Muhr dennoch nicht: "Wir sind noch lange nicht fertig. Die Liebe zur fairen Mode ist der Schatz unserer Firma. Diesen Schatz will ich nicht verlieren, daher kämpfe ich weiter." (Bettina Pfluger, 31.1.2017)