Victoria Klepsch von der Medizinischen Uni Innsbruck erforscht die Rolle eines Hormonrezeptors.

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In ihrer Dissertation hat sich Victoria Klepsch mit der Immuntherapie bei Krebs beschäftigt. Dabei konnte die Molekularbiologin gemeinsam mit Kollegen der Sektion für Translationale Zellgenetik an der Medizin-Universität Innsbruck nachweisen, dass durch die Hemmung des nukleären Hormonrezeptors NR2F6 das patienteneigene Immunsystem die Kontrolle über das Tumorwachstum wiedererlangen kann. NR2F6 wurde damit als neues Zielmolekül bei der Bekämpfung des Tumors und dessen Metastasen erkannt, was für die Krebsimmuntherapie einen wesentlichen Fortschritt bedeutet.

Ihr Beitrag zu dieser bahnbrechenden Erkenntnis brachte der 30-jährigen Tirolerin mehrere Auszeichnungen ein, darunter auch den Best Young Researchers Forum Award auf der internationalen Konferenz Tumor & Cancer Immunology and Immunotherapy 2016 in Melbourne, Australien. In ihrer aktuellen Forschungsarbeit fand Klepsch heraus, dass NR2F6 nicht nur bei Krebs eine wichtige Rolle spielt, sondern auch bei der Entstehung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa. Was genau dieser nukleäre Rezeptor im Darm bewirkt, hat die Forscherin im Mausmodell untersucht. "Wenn NR2F6 fehlt, ist die schleimige Schutzschicht auf den Darmepithelzellen reduziert", berichtet sie. "Dadurch kommt es bereits bei gesunden Tieren zu einer gestörten Darmbarriere."

Im Krankheitsmodell führt der Mangel an NR2F6 zu einer reduzierten Schleimschicht, einer verstärkten Entzündungsreaktion und höherem Gewichtsverlust der Tiere, verursacht durch das leichtere Eindringen von Körperfremdem wie etwa Bakterien oder Nahrungsresten. "In Darmepithelzellen aktiviert NR2F6 die Produktion eines bestimmten Schleimbestandteils und fördert so die Entwicklung der schützenden inneren Darmschleimhaut", fasst die Molekularbiologin ihre Beobachtungen zusammen.

Diese Barrierefunktion von NR2F6 war bislang völlig unbekannt und für Victoria Klepsch und ihre Forschungspartner Romana Gerner, Alexander Moschen und Herbert Tilg von der Universitätsklinik für Innere Medizin in Innsbruck eine ziemliche Überraschung: "Wir haben nicht damit gerechnet, dass NR2F6 auch außerhalb des Immunsystems eine so wichtige Rolle spielt."

Die neuen Erkenntnisse schüren die Hoffnung auf wirksame Medikamente für die wachsende Zahl der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, für die es bislang keine dauerhaft befriedigende Therapie gibt. Vom neuen Grundlagenwissen bis zu dessen medizinischer Anwendung ist es allerdings ein weiter Weg. Victoria Klepsch und ihre Kollegen haben deshalb noch einiges an Forschungsarbeit vor sich, bis es so weit ist. "Ich könnte mir auch vorstellen, mit Pharmafirmen zu kooperieren und gemeinsam mit ihnen neue Medikamente zu entwickeln."

Zurzeit hat für die ambitionierte Wissenschafterin dennoch das Privatleben Vorrang – sie ist vor drei Monaten Mutter geworden und momentan in Karenz. Ganz auf die Forschung zu verzichten ist trotzdem keine Option. Auch während ihres Karenzjahres sucht sie den Kontakt zu Kollegen und ihren Studierenden. Eine babybedingte Bergabstinenz wird ebenfalls nicht allzu lange dauern. (Doris Griesser, 4.2.2018)