Bild nicht mehr verfügbar.

Das Erdbeben in Chile von 1960 gilt als eines der stärksten je registrierten. Die Aufnahme zeigt die Schäden, die der ausgelöste Tsunami in der Stadt Hilo auf Big Island in Hawaii verursacht hat. Innsbrucker Wissenschafter konnten nun zeigen, dass derartige Mega-Beben in regelmäßigen Abständen auftreten.

Foto: AP

Innsbruck – Eines der stärksten jemals registrierten Erdbeben traf im Jahr 1960 das südliche Zentral-Chile mit einer Stärke von 9,5. Der dabei ausgelöste Tsunami war so gewaltig, dass er neben enormen Überschwemmungen an der chilenischen Küste auf der anderen Seite des Pazifik in Japan rund 200 Menschen in den Tod riss. Geowissenschafter gehen davon aus, dass sehr große Erdbeben so viel Energie freisetzen, dass sich der Stress über mehrere Jahrhunderte aufbauen muss, um ein neuerliches großes Erdbeben zu produzieren. Seismologische Daten oder historische Dokumente reichen dafür meist nicht weit genug zurück, um ein Muster für das Wiederauftreten dieser Monsterbeben erkennen zu lassen.

Ein internationales Team rund um Jasper Moernaut von der Universität Innsbruck hat nun entdeckt, dass sich solche schweren Erdbeben tatsächlich in relativ regelmäßigen Abständen wiederholen. Durch die Analyse von Sedimenten auf dem Grund zweier chilenischer Seen konnten die Wissenschafter die gesamte Erdbebengeschichte der letzten 5.000 Jahre nachvollziehen.

Mit diesem Ansatz fand das Team heraus, dass schwerste Erdbeben wie jenes von 1960 alle 292 Jahre (plus/minus 93 Jahre) wiederkehren. Somit sei die Wahrscheinlichkeit für ein derartiges Großereignis in Chile in den nächsten 50 bis 100 Jahren sehr gering. "Kleinere" Erdbeben der Stärke 8 würden sich jedoch alle 139 Jahre (plus/minus 69 Jahre) ereignen. Die Wahrscheinlichkeit für ein solches Ereignis in den kommenden 50 Jahren liegt laut den Forschern bei 30 Prozent.

Erdbebenarchiv auf dem Seegrund

Durch die Analyse von Sedimenten auf dem Grund der chilenischen Seen erkannten die Wissenschafter, dass jedes starke Erdbeben Erdrutsche hervorruft, die in den Sedimentschichten, die sich auf dem Seeboden ansammeln, erhalten bleiben. Bei der Untersuchung von bis zu acht Meter langen Sedimentkernen entdeckten die Forscher 35 große Erdbeben mit einer Stärke von mehr als 7,7 in den letzten 5.000 Jahren.

Wirklich außergewöhnlich sei die Tatsache, dass in einem See die Erdrutsche nur bei den stärksten Erschütterungen, wie bei einem Beben der Stärke 9, auftreten, während der andere See auch auf "kleinere" Erdbeben der Stärke 8 reagierte. "Auf diese Weise konnten wir die Muster vergleichen, in denen Erdbeben unterschiedlicher Stärke auftreten", erklärte Maarten Van Daele von der Universität Gent in Belgien.

Suche nach anderen Erdbebenherden

"Wir hoffen, dass wir unseren Ansatz auf ganz Südamerika ausdehnen können, so dass wir herausfinden, ob zum Beispiel Erdbeben immer in den gleichen Segmenten brechen, oder sehr große Erdbeben der Stärke 9 auch in anderen Gebieten des Landes auftreten können", sagte Moernaut, Erstautor der Studie, die im Fachmagazin "Earth and Planetary Science Letters" erschienen ist.

Inzwischen seien ähnliche Studien auch in Seen in Alaska, Sumatra und Japan initiiert worden. Die Forscher wollen herausfinden, ob die chilenischen Muster auch für andere Gebiete gelten, die in der Vergangenheit sehr große Erdbeben erlebt haben. Moernaut habe mit vergleichbaren Untersuchungen nun auch in Seen in Tirol und Kärnten begonnen. Da Erdbeben hier seltener auftreten, sei es jedoch umso schwieriger, ihre Wahrscheinlichkeit und das mögliche Ausmaß abzuschätzen. (APA, red, 30.1.2018)