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Die Nominierung von Nolan Bushnell (74) für den GDC Pioneer Award steht nun infrage.

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Auch heuerwerden auf der Game Developers Conference, einem der wichtigsten Events der Branche, wieder Ehrungen an Personen vergeben, deren Wirken maßgeblichen Einfluss auf die Geschichte der Videogames hatte. Nun haben die Organisatoren angekündigt, wer 2018 gewürdigt werden soll – und damit prompt eine Diskussion über sexuelle Belästigung vom Zaun gebrochen.

Rami Ismail, Gründer der Spieleschmiede Vlambeer, erhält den Ambassador Award für die Wiederbelebung des Arcade-Genres. Tim Schafer, Mastermind hinter Adventure-Perlen wie "Monkey Island", "Grim Fandango" und "Broken Age" wird für sein Lebenswerk gewürdigt. Und Nolan Bushnell, Gründer von Atari und oft auch als "Vater der Games-Industrie" bezeichnet, bekommt den Preis für seine Pionierleistung. Sowohl die legendären Heimcomputer, als auch zahlreiche Games des Herstellers trugen maßgeblich dazu bei, Computerspiele als Unterhaltungsform zu etablieren.

"Es gab jede Menge Firmenromanzen"

Bushnell ist auch in der Video Game Hall of Fame und der Consumer Electronics Hall of Fame verewigt. Doch die geplante Preisverleihung auf der GDC 2018 sorgt für einen Backlash. Ehemalige Mitarbeiterinnen und auch andere Kritiker bezichtigen Bushnell sexueller Belästigung und fordern eine Auseinandersetzung mit Ataris damaliger Firmenkultur, berichtet The Verge.

Dabei geht es nicht nur um bislang nicht öffentlich bekannte Vorfälle. Bushnell selbst sprach etwa in einem Playboy-Interview 2012 über das "wilde Umfeld" in der Firma in den 1970er-Jahren: "Es war nach der 68er-Bewegung, der Befreiung der Frauen, AIDS kannte man noch nicht und es gab jede Menge Firmenromanzen." Beschrieben wurde auch, wie Entwickler bei Atari die Arbeitstitel ihrer Projekte nach attraktiven Mitarbeiterinnen wählten – so lief die Heimcomputer-Version von "Pong" etwa unter dem Namen "Darlene".

Management-Meetings im Whirlpool

Schon im Buch "The Ultimate History of Video Games" aus dem Jahr 2001 finden sich Einblicke in die Firmenkultur. Berichtet wird etwa von Management-Meetings in Whirlpools. Dabei soll Bushnell mitunter auch ins Büro telefoniert und die Überbringung von Dokumenten durch bestimmte Mitarbeiterinnen verlangt haben, die er anschließend dazu bekommen wollte, sich auszuziehen und mit in die Wanne zu steigen. Zudem soll er auch sichergestellt haben, dass "die Männer um ihn herum seine Einstellung befürworteten."

Die Entwicklerin und Feministin Brianna Wu, die sich um einen Sitz im Repräsentantenhaus für den achten Wahlbezirk im US-Bundesstaat Massachussetts bewirbt, kritisiert die Wahl des GDC insbesondere zu dieser Zeit, in der die zahlreichen Enthüllungen von Übergriffen und Missbrauchsfällen im Rahmen der #MeToo-Bewegung nach wie vor den öffentlichen Diskurs prägen. Auch sie verweist auf das Buch von 2001. "Bushnell ist eine wichtige Figur", verweist sie auf seinen Beitrag für die Videospielbranche, "doch das ist nicht das Jahr, um ihn zu würdigen."

GDC prüft Nominierung

Auch andere Entwicklerinnen sehen das ähnlich. "Während andere Branchen sich vom missbrauchenden und sexistischen Verhalten mächtiger Männer distanzieren, verleiht ihnen die GDC einen Pioneer Award", meint Gillian Smith vom Worcester Polytechnic Institute.

Spieledesignerin Elizabeth Sampat hofft auf eine Änderung dieser Entscheidung und plädiert dafür, den Pioneer Award entweder niemandem zu geben, oder ihn symbolisch an "alle Frauen, die diese Industrie aufgebaut haben" zu verleihen. Games-Forscherin Karen Schrier liefert eine Liste von Frauen, die man für ihren Beitrag zur Gamesgeschichte würdigen könnte. Auf Twitter läuft die Debatte mittlerweile unter dem Hashtag #NotNolan.

Tatsächlich scheint die Entscheidung der GDC-Organisatoren nicht in Stein gemeißelt zu sein. Gegenüber dem Rolling Stone-Magazin erklären sie, dass man von den Vorwürfen nichts gewusst habe, diese prüfen und einen "genaueren Blick" auf die Nominierung werfen werde. (gpi, 31.01.2018)