Sandton/St. Pölten/Wien – Der südafrikanisch-deutsche Möbelkonzern Steinhoff – dem in Österreich die Kika/Leiner-Kette gehört – hat seinen ehemaligen Vorstandschef Markus Jooste wegen des Verdachts der Korruption angezeigt. "Basierend auf unseren bisherigen Ermittlungen haben wir gegen Jooste Anzeige bei den Hawks erstattet", sagte Steinhoff-Aufsichtsratschefin Heather Sonn am Mittwoch.

Hawks ist in Südafrika eine unter anderem für organisierte Kriminalität und Korruption zuständige Elite-Polizeieinheit. Der südafrikanische Möbelkonzern ist in Frankfurt und in Johannesburg börsennotiert. Erst vorige Woche konnte der strauchelnde Konzern für seine Österreich-Tochter Kika/Leiner Restrukturierungshilfen aufstellen.

Anhörung im Parlament

Heute fand im südafrikanischen Parlament eine Anhörung statt. Dort sprach die Konzernpräsidentin. Die Angelegenheit rund um Jooste liege nun in den Händen dieser Elite-Polizei-Einheit. Jooste, der die rasante Expansion des Unternehmens über fast zwei Jahrzehnte hinweg gesteuert hatte, war am 5. Dezember zurückgetreten, nachdem der Bilanzskandal von Steinhoff bekannt wurde. Der Manager hat seitdem keine öffentliche Erklärung abgegeben und war auch am Mittwoch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Der südafrikanische Möbelkonzern steht massiv unter Druck der Banken, nachdem Zweifel an seinen Bilanzen vor allem im Europa-Geschäft aufgekommen waren. In Deutschland laufen bereits seit längerem Ermittlungen wegen möglicher Bilanzfälschungen gegen die Nummer zwei im weltweiten Möbelhandel hinter Ikea. Vorstands- und Aufsichtsratschef traten zurück, die neue Führung versucht das Geschäft zu stabilisieren.

"Wir wissen derzeit nicht, ob die Krise hätte verhindert werden können", sagte Sonn. Steinhoff habe sich verpflichtet, alles was schief gelaufen sei, zu beheben und kooperiere in vollem Umfang mit allen Aufsichtsbehörden.

Interpol wurde um Unterstützung gebeten

Ein Sprecher der Polizei-Einheit sagte, man habe die internationale kriminalpolizeiliche Organisation Interpol um Unterstützung bei der Untersuchung von Steinhoffs Aktivitäten im Ausland gebeten. Bisher hätten die Hawks noch nicht die Computer oder Bücher des Unternehmens unter die Lupe genommen. "Wir werden Schritt für Schritt vorgehen. Das ist ein komplizierter Fall."

Der frühere Steinhoff-Aufsichtsratschef Christo Wiese, der ebenfalls bei der Anhörung vor dem Parlament sprach, sagte, der Skandal sei für ihn "wie ein Blitz aus heiterem Himmel" gekommen. Er sei drei Tage vor Abschluss der Unternehmensrechnung bei einer Vorstandssitzung im Dezember auf Probleme aufmerksam geworden. Steinhoff habe sich zu diesem Zeitpunkt in "völligem Aufruhr" befunden als "diese Bombe explodierte". Er könne die Wut der Menschen verstehen.

Verdacht auf Insiderhandel

Die südafrikanische Finanzaufsicht FSB ermittelt unterdessen wegen des Verdachts auf Insiderhandel bei Steinhoff. Die Finanzaufsicht habe Informationen von deutschen Behörden, einschließlich der Frankfurter Wertpapierbörse, angefordert und stehe in regelmäßigem Kontakt mit der Börse in Johannesburg, erklärte die FSB. Die Südafrikanische Zentralbank ermittelt derweil, ob Steinhoff gegen Devisenverkehrsgesetze verstoßen hat.

Die Zahlen für 2017 verzögern sich weiter. Eigentlich hätte der Jahresbericht bis heute Mittwoch (31.1.) vorliegen sollen. Auch die Abschlüsse für 2015 und 2016 stehen auf dem Prüfstand. Steinhoff arbeite weiter zusammen mit den Rechnungsprüfern von Deloitte daran, die Berichte fertigzustellen, erklärte der Konzern in einer anlässlich der Parlamentsanhörung erstellten Präsentation im Internet. Auch die mit der Untersuchung der Unregelmäßigkeiten beauftragte Prüfungsgesellschaft PwC komme gut voran. Der Konzern deutete an, dass für mögliche rechtliche und andere Schritte die Ermittlungen derzeit aber noch nicht weit genug seien. "Wir werden die Öffentlichkeit informieren, wenn wir so weit sind." (APA, Reuters, 31.1.2018)