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Vision der Zukunft? Für Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie nach bei Alexa und Ihrem Apotheker?

Foto: AP/Carolyn Kaster

Wien – "Alexa, welche Medikamente muss ich heute noch einnehmen?" In nicht allzu ferner Zukunft könnte Amazons Gerät für die digitale Sprachsteuerung zu Hause der erste Ansprechpartner bei solchen und ähnlichen medizinischen Fragen sein.

Der Onlinehändler Amazon beschleunigt derzeit seine Expansion in den milliardenschweren Gesundheitsmarkt in den USA. Der bisher aufsehenerregendste Clou gelang dem Unternehmen am Dienstag: Gemeinsam mit der US-Großbank JPMorgan Chase und der Investmentgesellschaft Berkshire Hathaway will Amazon ein Unternehmen zur besseren medizinischen Versorgung der Mitarbeiter gründen. Ziel der drei ist es, Arbeitnehmern effizienteren und billigeren Zugang zu medizinischen Dienstleistungen sowie Arzneimitteln zu gewähren.

Wie das genau geschehen soll, erläuterten die Unternehmen nicht. Ob sie also eine selbstständige Krankenkasse gründen oder sogar eigene Spitäler aufbauen wollen oder ihren Mitarbeitern doch nur neuartige IT-Dienstleistungen anbieten möchten, um den richtigen Arzt zu finden und den Diätplan einzuhalten, ist unklar.

Nervosität an den Märkten

Doch die Ankündigung von Amazon, Morgan Chase und Berkshire sorgte an den Märkten für Nervosität. Die Aktien zahlreicher US-Einzelhandelsketten, die Medikamente anbieten, und diverser Gesundheitsdienstleister brachen ein. Walgreens-Aktien verloren über fünf Prozent an Wert, CVS ging es nicht viel besser, auch wenn sich am Mittwoch wieder eine kleine Erholung abzeichnete.

Warum die Unruhe? Amazon und Morgan Chase beschäftigen zusammen eine Million Mitarbeiter, sie vereinen allein dadurch eine gewisse Marktmacht im Gesundheitssektor. Gewichtiger dürfte sein, dass die drei betonen, dass sie ihre künftigen Leistungen neben "Mitarbeitern und ihren Familien möglicherweise allen Amerikanern" anbieten wollen. Über ausreichend Kapital für Investitionen müssen sich die drei Unternehmen keine Sorgen machen.

Amazon streckt seit Monaten seine Fühler im Gesundheitssektor aus. Im Herbst 2017 stand Amazons Cloudcomputing-Arm, AWS, laut Medienberichten kurz davor, eine Partnerschaft mit Cerner einzugehen. Cerner ist ein Unternehmen aus Kansas City, dass auf die digitale Verarbeitung von Gesundheitsdaten spezialisiert ist. AWS ist einer der führenden Anbieter von Online-Speicherplatz und Serverkapazitäten. Fixiert wurde die Zusammenarbeit bisher nicht, es könnte laut Marktbeobachtern 2018 so weit sein.

Handelslizenz für Arzneien erworben

Amazon hat außerdem in mehreren US-Bundesstaaten eine Handelslizenz für Arzneien erworben. Und man experimentiert mit Alexa: Im vergangenen Jahr schrieb das Unternehmen einen Förderpreis über 250.000 US-Dollar aus. Unterstützt wurden Start-ups, die Anwendungen für Alexa entwickeln, um Menschen dabei zu unterstützen, mit einer Diabeteserkrankung zu leben. Gewonnen hat ein Start-up, dass ein Gerät für Fuß-Scans entwickelt – Füße sind bei Diabetes anfällig für Verletzungen. Der Scanner informiert via Alexa über Probleme und berät Patienten bei Fragen zur Ernährung.

Analysten wie Steven Halper von Cantor Fitzgerald, einem New Yorker Investmenthaus, sprechen von überzogener Aufregung nach der Amazon-Ankündigung. Ob das Trio wirklich eine weitreichende Expansion am Gesundheitssektor plane, sei ja unklar, so Halper. Große US-Unternehmen versichern ihre Mitarbeiter oft selbst, zahlen also direkt für Arztbesuche. Wenn Amazon, Morgan Chase und Berkshire dabei nur eine vertiefte Zusammenarbeit vorschwebe, sei das kein revolutionärer Schritt, so Analyst Halper.

Dagegen spricht, dass der Gesundheitsmarkt einer der großen Bastionen ist, wo Amazon nicht Fuß fassen konnte. In den USA belaufen sich die privaten wie staatlichen Gesundheitsausgaben pro Kopf im Schnitt auf 10.000 Dollar im Jahr. In keinem Industrieland ist es so viel. Alle Prognosen sagen einen weiteren Kostenanstieg voraus – der Markt wächst. (szi, 1.2.2018)