Oslo/München – Der staatliche norwegische Stromnetzbetreiber Statnett will Siemens vorerst von allen Projekten ausschließen. Grund sei, dass ein slowakischer Subunternehmer des Münchner Industriekonzerns seine Mitarbeiter zu schlecht bezahlt habe, erklärte Statnett am Mittwoch.

Siemens habe nach Ablauf mehrerer Fristen nicht unter Beweis stellen können, dass man das Problem gelöst habe. Der Staatskonzern überlege noch, ob auch bereits unterzeichnete Aufträge an Siemens ausgesetzt werden könnten. Ein Dorn im Auge sind Statnett die Löhne bei der slowakischen Firma Hesia, die nach Angaben des Netzbetreibers im Auftrag der Siemens-Tochter Koncar Transformatoren in Norwegen montiere.

Siemens erklärte, die Vorwürfe würden noch geprüft. Statnett betreibt in Norwegen ein Hochspannungsnetz von 11.000 Kilometern und ist auch für die internationalen Leitungsverbindungen in die Nachbarstaaten Finnland, Schweden, Russland und Dänemark sowie in die Niederlande verantwortlich.

Gewinneinbruch

Dabei hätte der deutsche Multi eigentlich schon genug Probleme. Ein Gewinneinbruch in der vor einem Stellenabbau stehenden Kraftwerks-Sparte zieht Siemens nach unten. Das Ergebnis aus dem industriellen Geschäft sei im ersten Quartal (zum 31. Dezember) des Geschäftsjahres 2017/18 um 14 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro gesunken, teilte der Industriekonzern am Mittwoch vor der Hauptversammlung in München mit.

Unter dem Strich stand jedoch ein um zwölf Prozent höherer Gewinn von 2,2 Milliarden Euro. Er wurde durch den 655 Millionen Euro schweren Verkauf der restlichen Aktien an der ehemaligen Lichttechnik-Tochter Osram und erste positiven Effekte der US-Steuerreform begünstigt.

"Siemens ist also insgesamt in einer sehr guten und robusten Verfassung", sagte Vorstandschef Joe Kaeser. Der Konzern nehme auch der Konkurrenz Marktanteile ab, vor allem in der "Digitalen Fabrik". Der Auftragseingang stieg von Oktober bis Dezember um 14 Prozent auf 22,5 Milliarden Euro und übertraf damit deutlich die Erwartungen von Analysten.

Mehr Umsatz

Ohne die Übernahme des spanischen Windkraft-Konzerns Gamesa und negative Währungseffekte hätte der Zuwachs bei sieben Prozent gelegen. Auch der Umsatz wurde von ungünstigen Wechselkurseffekten beeinträchtigt. Er stieg trotzdem um drei Prozent auf 19,8 Milliarden Euro.

In der Kraftwerks-Sparte Power & Gas brach der operative Gewinn um die Hälfte ein, der Umsatz um ein Fünftel. Siemens will in dem Bereich und der verwandten Antriebs-Sparte 6900 Stellen streichen. Vorstandschef Kaeser verteidigte die Pläne: Der Gewinneinbruch zeige, dass der Handlungsbedarf "notwendig ist, ja sogar dringlicher geworden ist".

Der Einbruch im Markt für konventionelle Kraftwerke, für die Siemens große Gas- und Dampfturbinen liefert, sei nicht nur eine vorübergehende Eintrübung. Dass die Werke in Offenbach, Erfurt, Mülheim oder auch Görlitz, wie Arbeitnehmervertreter behaupten, ausgelastet und sogar profitabel seien, habe mit der Realität nichts zu tun.

Hoffnung für Görlitz

Leipzig soll geschlossen, Erfurt nach Möglichkeit verkauft werden. Für Görlitz gibt es seit Mittwoch wieder Hoffnung. Vorstellbar wäre etwa, dass das Werk eigenständiger werde, dabei aber zunächst unter dem Dach von Siemens verbleibe, so Kaeser.

Personalvorstand Janina Kugel sagte, die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern über den Stellenabbau hätten inzwischen begonnen. "Wir befinden uns damit in einem geordneten Prozess, der auf eine gute Einigung hoffen lässt." Ergebnisse seien im Sommer zu erwarten. Niemand habe ein Interesse, dass sich das Tauziehen lange hinziehe. (red, Reuters, APA; 31.1.2018)