Staatssekretärin Maria Elena Boschi vom Partito Democratico (PD) wird nach viel Gefeilsche in Bozen in Südtirol kandidieren.

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Nunzia De Girolamo, Abgeordnete aus dem süditalienischen Kampanien, sah sich am vergangenen Wochenende außerplanmäßig genötigt, nach Mailand zu fliegen, um bei ihrem Parteichef Silvio Berlusconi vorstellig zu werden. Bei der Sichtung der Wahllisten der Forza Italia hatte De Girolamo nämlich konsterniert feststellen müssen, dass sie in ihrem Wahlkreis entgegen ihren Erwartungen nicht den ersten – und damit bombensicheren – Listenplatz belegt, sondern den zweiten.

Augenzeugen berichteten anschließend von einem furiosen Auftritt De Girolamos in Berlusconis Villa in Arcore. Am Ende gab der 81-jährige Ex-Premier nach: Girolamo ist nun bei den Parlamentswahlen vom 4. März "Capolista" (Listenführerin) im Wahlkreis Bologna-Imola. Das liegt zwar ein paar Hundert Kilometer nördlich ihrer Heimat, doch angesichts der Stimmenanteile von Forza Italia in diesem Wahlkreis ist der oberste Platz trotzdem eine Garantie, dass sie gewählt wird.

Nunzia De Girolamo ist nicht die Einzige, die fern der Heimat kandidiert. Das wohl frivolste Beispiel für den laufenden Wahlbasar ist jenes der Staatssekretärin Maria Elena Boschi vom Mitte-links-Bündnis Partito Democratico (PD). Die ehemalige Vorzeige-Ministerin von Ex-Premier Matteo Renzi stammt eigentlich aus Arezzo in der Toskana. Sie hat aber das Problem, dass ihr Vater bei der lokalen Bank, die vorletztes Jahr pleiteging, eine Führungsposition innehatte. Der Name Boschi ist in Arezzo und Umgebung nun dermaßen unbeliebt, dass Boschi selbst in der roten Hochburg Arezzo hätte verlieren können.

Vertraute ins Parlament

PD-Chef Renzi fand einen Wahlkreis, wo nichts anbrennen kann: Boschi wird in Bozen in Südtirol kandidieren, wo der PD noch immer mindestens einen Sitz gewonnen hat. De Girolamo und Boschi sind nur zwei prominente Beispiele, mehrere Hundert der insgesamt knapp 1.000 Parlamentssitze gelten als "sicher". Das neue Wahlgesetz lässt Parteichefs fast nach Belieben ihre Vertrauensleute ins Parlament schicken.

So können zum Beispiel Kandidaten, die in einem etwas wackeligen Einerwahlkreis antreten, gleichzeitig auch in einem oder mehreren anderen Wahlkreisen kandidieren, wo die Parlamentssitze nach Parteienproporz vergeben werden. Die Wählerinnen und Wähler haben, was die Namen der Kandidaten angeht, rein gar nichts zu melden. Die Reihenfolge der Kandidaten darf nicht verändert werden. Das Einzige, was sie jetzt noch bestimmen können, ist die Anzahl der Sitze, die jede Partei erhält. (Dominik Straub aus Rom, 2.2.2018)