Antibiotika oder nicht? Karin Pollack hat einen neuen Test ausprobiert, der anzeigt, ob eine Infektion überhaupt bakteriell ist und Antibiotika wirken würden.

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Platz am Nachtkastl machen: Den neuen "Helfen Antibiotika?"-Test können Kranke im Bett machen.

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Die psychische Grundverfasstheit der Menschen ist sehr ähnlich. Keiner will krank sein, und jeder fühlt sich, solange er gesund ist, ein bisschen unverwundbar. Nach dem Motto: "Nein, mein Immunsystem ist stark, mir können keine Keime etwas anhaben." Und wenn ringsum, wie momentan der Fall, die Kollegen nicht ins Büro kommen, weil die Influenza grassiert, wackelt die innere Sicherheit. Wen es dann erwischt hat, der wünschte, er wäre nie krank geworden.

Denn Kranksein fühlt sich nie gut an. Das Kopfweh nicht, und schon gar nicht das Fieber und die Gliederschmerzen. Das will jeder dann einfach schnell wieder weghaben, irgendetwas schlucken also, was das Unangenehme vertreibt. Was in der Vergangenheit millionenfach passierte: Die Kranken schluckten Antibiotika, weil diese Medikamente als eine Art Allheilmittel galten. Dabei wirken sie nur gegen Bakterien, nicht gegen Viren wie etwa die Influenza, das Motto "Hilft es nicht, schadet es nicht" hat sich als grundfalsch herausgestellt. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass das unbedachte Antibiotika-Einnehmen dazu führt, dass diese Medikamente eines Tages nicht mehr wirken, unter Umständen dann, wenn man wirklich schwer krank ist. Im fortgeschrittenen Alter kann das tödlich sein.

Kein sinnloses Schlucken

Insofern sollte man Antibiotika wirklich nur dann einnehmen, wenn es sich um eine bakterielle Infektion handelt. Bislang musste man dafür ein Blutbild machen lassen, also vorher zum Arzt, doch nun gibt es eine Möglichkeit, die Frage der Infektionsart an der Bettkante zu klären.

"Helfen Antibiotika?" ist der plakative Name eines Selbsttests von Veroval, den ich ausprobieren durfte. Das Versuchskaninchen lag mit Kopfweh und Gliederschmerzen darnieder, hatte wichtige Termine und wollte unbedingt schnell wieder fit werden. "Antibiotika" schien die Zauberformel und der "Helfen Antibiotika?"-Test die Hürde dorthin.

Wir reißen die Verpackung auf: Ein Fläschchen, ein Plastiksackerl mit verschiedenen Kleinteiligkeiten und ein Alu-Package fallen heraus. Der Test findet im Bett statt, der Nachttisch wird zur Laboreinheit, also erst einmal Teehäferl mit Kamillentee und Fieberthermometer wegräumen.

Entzündungswerte feststellen

Und dann lesen und Schritt für Schritt den Anweisungen folgen. Es geht darum, dass C-reaktive Protein, den sogenannten CRP-Wert, im Blut zu messen, der ist bei bakteriellen Infektionen erhöht. Wenn das der Fall ist, machten Antiobiotika Sinn.

Also träufle ich zehn Tropfen Flüssigkeit in ein von der Form her tampongroßes Gefäß, aus dem ich zuvor ein Glaskapillarröhrchen entnommen habe. So etwas hatte ich noch nie in der Hand. Haarfein, "nur nicht verlieren", denke ich, wenn das runterfällt, würde ich es nie mehr finden. Der kranke Proband hält es fest in der Hand.

Dann kommt der aufregendste teil des Tests, das Blutabnehmen. Was wie ein Wanddübel im Werkzeugkasten aussieht, ist eine "Automatikstechhilfe". Kappe abschrauben, an den zuvor desinfizierten Finger ansetzten und auf die Taste drücken. "Schnapp" macht es, und schon schießt Blut raus. Ich halte das haarfeine Glasröhrchen hin und sehe zu, wie es sich auffüllt.

Das dauert ein bisschen, und ich denke an den Physikunterricht, als wir diese Sache mit der Kapillarwirkung gelernt haben. Jetzt weiß ich endlich, wozu das gut sein kann, wende es sogar selbst an. Dann kommt das Glasröhrchen in den kleinen Behälter mit der Flüssigkeit. Ich schüttle, die Flüssigkeit verfärbt sich knallorange. Das sieht eigentlich sehr schön aus. Schließlich holt man ein paar Tropfen mit einer Pipette heraus und träufelt sie auf eine Vorrichtung, die an einen Schwangerschaftstest erinnert.

Auf das Ergebnis warten

Und starrt auf die Anzeige. Es geht um die Anzahl der Striche, die in den nächsten fünf Minuten erscheinen werden. Wir sind beide aufgeregt. "Ja, da ist jetzt ein Strich," rufe ich, "jetzt der zweite", sagt der kranke Proband. Doch der allesentscheidende dritte Strich erscheint nicht. Also keine bakterielle Infektion. Im Bett bleiben, schlafen und warten, dass es vorbeigeht, ist die Direktive der Stunde, deren Sinnhaftigkeit quasi bewiesen ist.

"Hat der Stich in den Finger eigentlich wehgetan?," frage ich. "Null", höre ich, während ich mir die Hände wasche, denn ein bisschen Blut des Versuchskaninchens ist schon auch über meinen Daumen geronnen. Hätte ich den Test an einem Kind durchgeführt, hätte man zu zweit sein müssen, denke ich. Einer muss halten, der andere machen, das Hantieren mit Laborzubehör ist ungewohnt.

Fazit: Der "Helfen Antibiotika?"-Test ist ein Beitrag zur Selbstermächtigung von Patienten und macht pflegende Angehörige für zehn Minuten gefühlsmäßig zu Medizinern. Aber klar, wäre der Test positiv ausgefallen, dann wäre ein Arztbesuch notwendig geworden. Es gibt unterschiedliche Antibiotika, es ist Sache des Arztes, das richtige auszuwählen.

Ein zweiter Vorteil: Die Abkürzung CRP ist plötzlich nicht mehr abstrakt, sondern ein vertrauter Begriff, der mir bei allen zukünftigen Blutbildbefunden kein Rätsel mehr sein wird.

Mein einziger, aber wichtiger Kritikpunkt betrifft die Schriftgröße der Gebrauchsanleitung. Sie ist viel, viel zu klein. Das mag daran liegen, dass Nachttischlampen selten – so wie in Labors – grell helle Neonlampen sind, vielleicht war den Herstellern die Bettkante als Ort der Anwendung dieses Tests nicht bewusst. (Karin Pollack, 4.2.2018)