Lebender Rammbock: der Salmler Roeboides affinis.
Foto: University of Washington

Seattle – In der Natur bleibt keine Ressource ungenutzt – nicht einmal eine, die auf den ersten Blick nach einer recht kargen Kost klingt: Fischschuppen. Immerhin sind die Schuppen von Knochenfischen von einer dünnen Hautschicht bedeckt und an der Unterseite mit proteinreichem Schleim versehen: Das hat offenbar ausgereicht, damit sich einige Fischarten auf diese Kost spezialisieren konnten.

Etwa 50 Fischarten, die Lepidophagie, also Schuppenfressen, praktizieren, kennt man bereits, berichten Forscher der University of Washington im Fachjournal "Royal Society Open Science". Alle sind sie relativ kleinwüchsig und leben in den Tropen. Der Vergleich verschiedener Spezies zeigte jedoch, dass die jeweiligen Arten ganz unterschiedliche Jagdstrategien pflegen.

Der Wimpelpiranha (Catoprion mento) aus dem Amazonas etwa lässt sein zahnbewehrtes Maul in einem Winkel von 120 Grad aufklaffen und reißt seinem Opfer damit die Schuppen dutzendweise vom Leib. Der Salmler Roeboides affinis hingegen, der ebenfalls aus Südamerika stammt, setzt auf die Rammbock-Taktik: Er verpasst seinem Opfer einen Stoß mit dem Kopf und verschlingt anschließend die Schuppen, die sich beim Aufprall abgelöst haben.

CT-Aufnahme des Piranhas Catoprion mento. Blau hervorgehoben in seinem Inneren sind die Fischschuppen, die er verschlungen hat.
Foto: University of Washington

Mit CT-Scans untersuchten die Forscher um Matthew Kolmann die Anatomie der Fische, insbesondere Kopfskelett und Bezahnung, im Detail. Die dabei bildlich festgehaltenen Unterschiede zwischen den Arten spiegeln die grundlegend verschiedenen Vorgangsweisen bei der Jagd wider.

Das ist eigentlich ein erstaunlicher Umstand, resümieren die Forscher. Vergleichbare ökologische Nischen und Ernährungsweisen führen oft zu konvergenter Evolution, also der Ausbildung von Ähnlichkeiten zwischen nicht näher verwandten Arten. Die Mini-Nische der Schuppenfresser ist offenbar jedoch immer noch groß genug, dass sie auf ganz unterschiedliche Weise ausgefüllt werden kann. (jdo, 3. 2. 2018)

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Kurioses Detail am Rande: Dem Piranha attestierte die University of Washington wortwörtlich einen "großen, Jay-Leno-artigen Kiefer".
Foto: AP Photo/Rogelio V. Solis