Es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn Spechte einen ordentlichen Pecker hätten. Denn was sie ihrem Hirn antun, ist für unsere Köpfe nur schwer nachvollziehbar: Die Vögel schlagen ihren Schnabel mit einer Geschwindigkeit von 25 km/h gegen den Baumstamm. Ein Zwanzigstel der dabei freiwerdenden Kräfte würde bei Menschen bereits zu Gehirnerschütterungen führen. Spechte klopfen freilich nicht nur einmal gegen Holz: Einzelne Arten schaffen bis zu 12.000 Hiebe pro Tag – und bis zu 20 pro Sekunde.

Ein in Nordamerika verbreiteter Dunenspecht bei einer kurzen Arbeitspause.
Foto: Arlene Koziol / The Field Museum

Anatomische Anpassungen

Dass sie das problemlos wegstecken, ist einigen anatomischen Besonderheiten geschuldet, die sich Homo sapiens zum Teil auch schon für die Konstruktion von Sturzhelmen abgeschaut hat: Das Hirn von Spechten ist von wenig Gehirnflüssigkeit umgeben und wird daher nicht von innen gegen die Schädeldecke geschleudert. Starke Muskeln wirken quasi als Stoßdämpfer, und die Klopfbewegung wird zudem sehr geradlinig ausgeführt, was ebenfalls hilft.

Dass Spechte vom Klopfen keinen Klopfer davontragen, ist logischer Weise auch durch die Evolution verifiziert: Die ersten Vertreter der Vogelart tauchten vor rund 25 Millionen Jahren auf, und ihre Nachfahren haben sich bis heute gut behauptet.

Erste Spechthirnstudie

Ist die besondere Mechanik und Anatomie der Vögel recht gut erforscht, so fehlten bislang freilich Studien darüber, wie es in den Hirnen von Spechten tatsächlich aussieht. Diese Lücke haben nun Forscher um Peter Cummings (Boston University School of Medicine) geschlossen, die für ihre Studie im Fachblatt "PLoS One" die Hirne von in Alkohol fixierten Spechtpräparaten analysierten, die im Field Museum in Chicago gelagert werden.

Das Field Museum in Chicago verfügt über die größte Sammlung von Dunenspecht-Feuchtpräparaten.
Foto: The Field Museum

Was die Forscher in den Hirnen von Dunenspechten, der kleinsten Spechtart Nordamerikas, fanden, war dann einigermaßen überraschend: Die Neuronen der Vögel wiesen eine extrem hohe Dosis sogenannter Tau-Proteine auf – etwa auch im Vergleich mit den Hirnen von Amseln.

Diese Eiweiße helfen dabei, die Hirnzellen zu stabilisieren. Doch die Konzentration, in der sie in Spechtgehirnen vorhanden sind, würde beim Menschen unweigerlich Demenz oder andere neurodegenerative Krankheiten mit sich bringen.

Lernen von den Spechten

Für Cummings und Kollegen ist klar, dass die pathologisch anmutende Akkumulation von Tau-Protein bei Spechten eben nicht pathologisch sein kann und vermutlich eher einen Schutzmechanismus darstellt. Wenn das tatsächlich so sein sollte, dann könnten wir uns von den Spechten nicht nur Tricks für bessere Helmkonstruktionen abschauen, sondern auch für die Bekämpfung von neurodegenerativen Krankheiten. (tasch, 4.2.2018)