Trump lässt die Börsianer auf 2018 hoffen. Die Steuerreform verspricht höhere Dividenden.

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Wien – Mit der kurz vor Weihnachten finalisierten Steuerreform hat Donald Trump viel Kritik geerntet. Entlastung für Reiche und Konzerne, Giftpfeile auf Obamacare und ähnliche Vorwürfe musste sich der US-Präsident gefallen lassen. Bei einem anderen Punkt der Entlastung hat das Weiße Haus mehr Fürsprecher. Mit einem reduzierten Steuersatz können Konzerne das im Ausland gebunkerte Vermögen in die USA verschieben. Trump erwartet sich davon einen Investitionsschub.

Sieht man sich die involvierten Zahlen an, wird die Tragweite der potenziellen Repatriierungen ersichtlich. Annähernd drei Billionen Dollar (2,4 Billionen Euro) haben US-Unternehmen im Ausland liegen. Internationale Unternehmensgewinne wurden meist offshore in der Karibik und europäischen Ländern mit niedrigen Steuern und günstigen Abkommen wie Irland und den Niederlanden gepoolt, um der US-Steuer zu entgehen. Bei einem Transfer zum Stammsitz in den Vereinigten Staaten wären bisher 35 Prozent an Abgaben angefallen.

Apple mit größter Auslandskasse

Wie sehr große Gesellschaften die Abgabe meiden, illustriert am besten Apple. Der IT-Gigant sitzt zwar auf dem riesigen Cash-Polster von rund 250 Milliarden Dollar und ist somit der Konzern mit der größten Auslandskasse, der iPhone-Hersteller nahm aber dennoch zur Bezahlung von Dividenden und anderer Ausgaben Schulden auf. Ausschüttungen an Aktionäre beispielsweise fallen in den USA an, und zuhause stehen dem Unternehmen die in Steueroasen geparkten Mittel nicht zur Verfügung.

Die Steuerreform gilt als bisher größter Erfolg von Donald Trump.
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In der Liste der größten Cash-Horter im Ausland rangieren hinter Apple weitere Tech-Riesen. Microsoft, Cisco und die Google-Mutter Alphabet folgen. Die insgesamt fast drei Billionen Dollar entsprechen annähernd dem Siebenfachen der österreichischen Wirtschaftsleistung.

Gute Prognosen

Im Kongress wurde beschlossen, dass diese Gelder zum ermäßigten Satz zwischen acht und 15,5 Prozent in die USA transferiert werden können – je nachdem, wie flüssig die Vermögen sind. Die Konzerne nehmen das Geschenk dankend an, auch wenn der fiskale Einmaleffekt kurzfristig das Ergebnis trübt. Würden sie die Gelder weiter offshore halten, fällt nun auch eine Sondersteuer an, wodurch ein zusätzlicher Anreiz zur Repatriierung der Mittel geschaffen wurde.

Die Gretchenfrage ist jetzt, was mit dem Geld nach der Übersiedlung in die USA passiert. Geht Trumps Wunsch in Erfüllung, wonach die frischen Mittel eine Investitionswelle auslösen?

Produktionsverschiebungen erwartet

Ja, glaubt beispielsweise der renommierte Ökonom Martin Feldstein von der Harvard University, der gesamtwirtschaftlich positive Effekte erwartet: "Der vermehrte Kapitalfluss in den Unternehmenssektor wird die Produktivität und die Reallöhne steigen lassen." Der österreichische Steuerexperte Gottfried Schellmann teilt diese Ansicht. Er spricht von massiven Produktionsverschiebungen in die USA.

Dafür sei nicht nur die Steuerreform, sondern auch die protektionistische Handelspolitik verantwortlich, erläutert der Fachmann. Wenn der Import in die USA durch Zölle und nicht-tarifäre Barrieren verteuert wird, kann sich die Erzeugung in den Vereinigten Staaten leichter auszahlen, die bisher in Billiglohnländern durchgeführt wurde.

Allerdings erfüllen die jüngsten Ankündigungen gerade aus dem Tech-Sektor die Hoffnungen nicht. Auch die Ratingagentur Moody's rechnet nicht mit zusätzlichen Investitionen. Mit dem heimgeholten Geld würden eher eigene Aktien gekauft oder Dividenden ausgeschüttet. Profitieren würde dann nicht die Realwirtschaft, sondern das Finanzkapital. (Andreas Schnauder, 4.2.2018)