Alle drei zusammen freuen sie sich, also Martin Schulz (links), Horst Seehofer (mittig) und Angela Merkel (rechts).

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Berlin – Union und SPD haben sich bei ihren Koalitionsverhandlungen beim Thema Migration auf einen Kompromiss verständigt. "Wir haben auch in einer schwierigen Arbeitsgruppe eine Einigung erzielt", sagte SPD-Vizechef Ralf Stegner am Freitagabend zu Reuters in Berlin. Der Grundsatz laute: "Wir bekämpfen Fluchtursachen, nicht Flüchtlinge." Zudem werde etwas für die Integration getan.

Der größte Erfolg der SPD in der Arbeitsgruppe sei die Einigung auf ein "modernes und transparentes Einwanderungsgesetz", so Stegner. Keine Änderung zum Sondierungspapier gibt es bei der Formulierung, dass die Zuwanderungszahlen "die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 nicht übersteigen werden". Einige Sozialdemokraten waren verärgert, dass die Formulierung in der CSU als Festschreibung einer Obergrenze gewertet worden war. Stegner sagte, es würden "erwartbare Zuwanderungszahlen" beschrieben. "Aber auch darüber hinaus stehen wir ausdrücklich zu Asylrecht und Genfer Flüchtlingskonvention", fügte er hinzu.

Migrationsbewegungen steuern

Sowohl Union und SPD bekennen sich zum Grundrecht auf Asyl, zur Genfer Flüchtlingskonvention sowie zur UN-Kinder- und zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Man sei sich einig, "dass die Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaft nicht überfordert werden darf". Zudem wolle man die Anstrengungen fortsetzen, die Migrationsbewegungen nach Deutschland und Europa angemessen zu steuern und zu begrenzen, "damit sich eine Situation wie 2015 nicht wiederholt" – damals hatte die Flüchtlingskrise begonnen.

Beim Familiennachzug für Flüchtlinge mit einem nachrangigen Schutzstatus wird darauf verwiesen, dass ab dem 1. August ein auf 1.000 Personen pro Monat begrenzter Zuzug möglich sein soll. Zudem soll die bestehende Härtefallregelung im Aufenthaltsgesetz auch künftig Anwendung finden. Die weitere Ausgestaltung des Gesetzes obliege den Koalitionsparteien beziehungsweise den Fraktionen.

Bundesweite Strategie zur Integration

Zur Steuerung von Zuwanderung in den Arbeitsmarkt soll ein Regelwerk erstellt werden. "Maßgeblich zu berücksichtigen für den Zuzug nach Deutschland sind der Bedarf unserer Volkswirtschaft, Qualifikation, Alter, Sprache sowie der Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzes und die Sicherung des Lebensunterhalts", heißt es in dem Papier. Die verschiedenen Integrationsmaßnahmen sollen in einer "bundesweiten Strategie" gebündelt werden, um so auch mehr Transparenz zu schaffen.

Stegner sagte, natürlich habe die SPD auch Kompromisse machen müssen, was nicht immer einfach sei. "Aber Fortschritte für unsere Anliegen gibt es nicht ohne Gegenleistung", sagte er.

Wohnen und Arbeitsmarkt noch offen

Nun stünden die "entscheidenden Tage" in den Koalitionsgesprächen bevor, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Freitagabend. "Wir sind heute große Schritte vorangekommen", es gebe aber auch Themen, "bei denen wir auseinanderliegen". Hier nannte Klingenbeil vor allem Wohnen und die Arbeitsmarktpolitik. "Wir werden noch viel nacharbeiten müssen im Bereich Wohnen und Mieten", sagte auch Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD).

Union und SPD setzen ihre Beratungen am Samstagvormittag im Konrad-Adenauer-Haus der CDU fort. Sie wollen ihre Verhandlungen bis Sonntag abschließen, haben aber Montag und Dienstag als Reservetage eingeplant. (APA, 3.2.2018)