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Anthony Watson (links) eröffnete das römische Punktesammeln. Der englische Flügel legte im Olympiastadion zwei Versuche.

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Italien wehrte sich gegen den letztlich übermächtigen Gegner nach Kräften.

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Immer wieder ein Spektakel: der Luftkampf nach einem Lineout. In diesem Fall entscheidet ihn Sergio Parisse für sich.

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Rom – Zum Abschluss des ersten Spieltags im Six-Nations-Turnier von Europas besten Rugby-Nationalmannschaften empfing am Sonntag Italien Titelverteidiger England. Das Stadio Olimpico zu Rom war bestens gefüllt, die Ballesterer der Roma würden sich für so eine Kulisse alle Finger abschlecken, von Lazio gar nicht zu reden.

Keine zwei Minuten waren gespielt, als es der dünnen blauen Line rechterhand an Ausehnung mangelte und Anthony Watson lässig zum ersten Try der Gäste joggte. Angst und Bang konnte es einem da um die Gastgeber werden – doch denen gelangen es in der Folge durchaus, ein paar solide Phasen aneinander zu reihen. Gar nicht schlecht sah das aus, auch wenn England bis auf Weiteres in keiner Weise in Bedrängnis kam.

In Minute neun erlitt Ben Youngs im Kontakt offenbar eine schwere Knieverletzung. Der 28-jährige Scrumhalf von den Leicester Tigers lässt das ohnehin bereits namhafte englische Kontingent an Blessierten weiter wachsen.

Reiche Ernte bei jedem Angriff

Die Briten therapierten den Schock mit dem nächsten Try, einem Abziehbild des ersten. Erneut kombinierte man Flügelmann Watson mühelos in den freien Raum. Gegen dessen Speed war kein Kraut gewachsen. Owen Farrell, der die erste Conversion an die Außenstange gesetzt hatte, scheiterte auch an der zweiten Erhöhung.

Die Squadra wurde nach 20 Minuten erstmals gefährlich – und wie. Ein traumhaftes Zuspiel über die Defensivformation hinweg genau in den Lauf des Fahrt aufnehmenden Tommaso Benvenuti war mehr als die halbe Miete und Englands Führung nach Italiens erstem Versuch auf 10:7 geschrumpft.

Der Wucht des Weltranglisten-Zweiten auf dem Vormarsch hatte man aber weiter wenig entgegenzusetzen. Unaufhaltsam drängte England der Mallinie entgegen, bis sich die italienische Ordnung in Zerfransung auflöste. Farrell beschleunigte in eine der sich öffnenden Lücken hinein und scorte zum dritten Mal.

Nach einer halben Stunde reichte es Mathieu Raynal. Der französische Referee wies den in einer Tour kommentierenden italienischen Kapitän Sergio Parisse ganz unzweideutig an, das Konversieren gefälligst stante pede einzustellen. Sollten die Italiener wie im Vorjahr in sämtlichen Matches der Six Nations unterliegen, könnte Parisse, eine lebende Legende des Rugby, ein zweifelhaftes Prädikat zufallen: er wäre der erste Internationale, der 100 Länderkämpfe verloren hat.

Höhepunkte vom Spiel in Rom.
Guido Venditti

Lobet den Underdog

Seine Mannen aber blieben diesmal durchaus ordentlich im Spiel. Unspektakulär aber sehr solide rückte man bei Ballbesitz vor, kurz vor dem Halbzeitpfiff konnte so nach einem Regelverstoß der verteidigenden Briten ein Straftritt erzwungen werden. Mit einem überschaubaren Rückstand von 10:17 ging es in die Pause.

Nach Wiederbeginn schien das Defizit weiter dahinzuschmelzen, denn plötzlich war der generell beeindruckende Tommaso Boni durch. Der Video-Referee jedoch wies zweifelsfrei nach, dass der Ball beim Assist nach vorne gesegelt war – im Rugby streng verboten. Dem vermeintlichen Try musste die Anerkennung verweigert werden. Die Engländer machten es besser. Sam Simmons zündete nach einem Lineout sämtliche Triebwerke und ward nicht mehr gesehen (51.). Statt 15:20 hieß es 10:27.

Italien aber blieb unverdrossen. Die Ordnung stimmte, die Technik überzeugte – und man hatte darüberhinaus temporeichen Variantenreichtum zu bieten. Die Folge: Mattia Bellini ließ sich auch vom ihm wie ein Mühlrad am Hals hängenden Mike Brown nicht davon abhalten, sein Team mit einem zweiten Versuch auf 15:27 heran zu bringen.

Ein Finish mit Tradition

Erneut jedoch hatte der Titelverteidiger relativ rasch eine Antwort parat. Farrell und George Ford, die sich bereits aus Englands Nachwuchs-Auswahlen kennen, kollaborierten wunderbar, der Scrumhalf erhöhte das Konto der Seinen um weitere fünf Punkte (67.). Eigentlich kein Wunder, denn längst waren die letzten 20 Minuten der Begegnung angebrochen – für die Italiener traditionell eine dunkle Zeitspanne in der man in der Regel einzubrechen pflegt.

Und trotz all dem verdienten Lob und der Versicherung, unter Anleitung des irischen Coaches Conor O'Shea konditionelle Mängel getilgt zu haben, schluckten die Azzurri noch zwei weitere Tries – Simmonds (74.) und Jack Nowell (76.) stellten mit einem Doppelschlag den Endstand her. (Michael Robausch – 4.2. 2018)