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Wer im Reisebüro oder im Internet einen Städteurlaub in Rom bucht, fragt sich vielleicht nicht immer, ob dies eine klassische Pauschalreise ist oder nicht. Geht dabei etwas schief, wird diese Frage aber etwa beim Streit um Preisminderungen entscheidend.

Foto: AP / Andrew Medichini

Wien – Wer in ein Reisebüro geht und eine Reise bucht, achtet oft nicht darauf, ob es sich um eine Pauschalreise handelt, eine verbundene Reiseleistung vorliegt oder bloß einzelne Leistungen vermittelt werden. Für den Reisevermittler wird diese Frage zukünftig von entscheidender Bedeutung sein, um eine Haftung zu vermeiden.

Denn das neue Pauschalreisegesetz (PRG), mit dem die EU-Pauschalreiserichtlinie vollzogen wird, sieht für Buchungen ab 1. Juli 2018 eine gesteigerte vorvertragliche Aufklärungs-, Beratungs- und Informationsverpflichtung des Reiseveranstalters bzw. des Reisevermittlers vor. Bisher war dies in § 31b ff. Konsumentenschutzgesetz geregelt.

Um dieser gesetzlichen Informationspflicht nachzukommen, wurden je nach Art der Buchungssituation (online, stationäres Reisebüro, telefonisch) vom Gesetzgeber "vorformulierte" Standardinformationsblätter verfasst. Er hat – je nach Art der Reise: Pauschalreise oder verbundene Reiseleistung – die "richtigen" Standardinformationsblätter dem Reisenden vor Vertragsabschluss zur Kenntnis zu bringen bzw. diese Informationen bereitzustellen.

Tücke im Detail

Die Tücke für den Reisevermittler liegt im Detail, bereits vor Abschluss des Reisevertrages – landläufig als Buchungsbestätigung formuliert – zu erkennen, um welche Art von Reise es sich handelt. Eine fehlerhafte bzw. unvollständige Aufklärung bzw. das Nicht-richtig-zur-Verfügung-Stellen von Standardinformationsblättern kann zu einer gesetzlichen Haftung des Vermittlers als Veranstalter führen.

Viele Reisen, die bisher nur von der Rechtsprechung als Pauschalreisen beurteilt worden sind, werden nun ex lege zu Pauschalreisen. Insofern stellt das Pauschalreisegesetz eine Kodifikation der Rechtsprechung der letzten 25 Jahre (seit der Pauschalreiserichtlinie 1990) dar. Die Begriffe Pauschalpreis, Gesamtpreis bzw. Kombinationsangebote und Ähnliches können bei Vorliegen der Voraussetzungen nunmehr eine Pauschalreise darstellen.

Nicht nur die Werbung, sondern auch ein vertragliches Anbot oder eine unrichtig ausgestellte Rechnung kann unter Umständen das Vorliegen einer Pauschalreise begründen oder aus Sicht des Reisenden den "Rechtschein" erzeugen.

Der gestalterische Spielraum für eine Individualreise ist dadurch enger geworden. Die Beurteilung hängt nicht nur von den Formalkriterien der Rechnung bzw. des Reisevertrages ab, sondern auch davon, wie ein durchschnittlicher Reisende die Werbung, das Buchungsgespräch oder die Vermittlung wahrnimmt.

Unbestimmte Begriffe

Die Pauschalreiserichtlinie ist nahezu wortwörtlich in das PRG eingeflossen. Dies wirkt sich auf die neue Rechtslage aus: In den Erläuterungen und Erwägungsgründen zur Richtlinie sind mitunter einige konkrete Bestimmungen nicht zu entnehmen, zum Beispiel: Was ist unter einer angemessenen Frist zu verstehen; in welcher Form sind konkret Standardinformationsblätter "bereitzustellen"; besteht nun eine konkrete Rügepflicht, die Richtlinie sieht eine solche grundsätzlich vor; was ist eine erhebliche Änderung bzw. wann liegt eine unerhebliche Änderung vor – diese unbestimmten Gesetzesbegriffe und vieles andere werden jeweils im konkreten Einzelfall auszulegen und von den Gerichten zu klären sein.

Wenig wird sich beim Ausmaß der Preisminderungsansprüche ändern, wenn Mängel nach dem PRG vorliegen. Auf Reiseverträge kommt weiterhin das österreichische Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht zur Anwendung.

Sollte – je nach Tatbestand und Entfernung – ein Ausgleichsanspruch nach der unmittelbar anwendbaren Fluggastrechteverordnung vorliegen, werden diese Leistungen in Zukunft auf allfällige Ansprüche aufgrund Verspätung aus einem Pauschalreisevertrag anzurechnen sein, um eine Überkompensation (Bereicherung) des Reisenden auszuschließen.

Die Kernfragen in zukünftigen Reiserechtsprozessen werden daher sein, ob es sich um eine Pauschalreise oder um eine verbundene Reiseleistung handelt, wer der konkrete Reiseveranstalter ist und ob der Reisevermittler bzw. Reiseveranstalter seinen gesetzlich normierten Aufklärungs-, Beratungs- und Informationsverpflichtungen ausreichend und inhaltlich nachgekommen ist. (Eike Lindinger, 6.2.2018)