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Die Natur als Vorbild für Innovation: Die Haken der Klettenfrucht sind das Paradebeispiel für Bionik – sie waren die Inspiration für den Klettverschluss.
Foto: Picturedesk / Science Photo Library

Salzburg – Es sind oft schräge Anekdoten, wie Erfinder auf ihre Ideen kommen. Wie bei dem Schweizer Ingenieur Georges de Mestral. Er war regelmäßig mit seinen Hunden im Wald unterwegs. Immer wieder musste er danach die Früchte der Kletten aus dem Fell lösen. Er sah sich die Pflanzen unter dem Mikroskop genauer an und entdeckte kleine elastische Haken, die dafür sorgen, dass die Früchte so gut haften.

De Mestral baute das Prinzip nach und ließ es sich patentieren. Acht Jahre später brachte er den ersten Klettverschluss auf den Markt. Der Klettverschluss gilt als Paradebeispiel für ein bionisches Produkt. Die Bionik beschäftigt sich mit der Übertragung und Anwendung von Phänomenen der Natur auf die Technik. "Die Lebewesen dienen als Vorbild, sind aber nicht in den Prozess miteingebunden", sagt Kirsten Wommer von der Arbeitsgruppe Bionik an der Technischen Hochschule Deggendorf. Um technische Lösungen für innovative Produkte zu entwickeln, holt sich die Bionik ihre Ideen aus der Natur.

Genau hier setzt das EU-geförderte Interreg-Projekt "Innovative Lösungen durch Bionik im transnationalen Zusammenspiel von Wirtschaft und Wissenschaft" (ILBitZ) an. Unternehmen in Salzburg, Oberösterreich und Bayern erhalten über das Projekt kostenlose Beratung, wie Bionik für ihre technischen Probleme eingesetzt werden kann. Nach einer Potenzialanalyse wird auch ein geeigneter Wissenschafter für die bionische Fragestellung vermittelt.

Denkmuster aufbrechen

"Das gezielte Denken in Richtung Bionik hilft dabei, aus eingefahrenen Denkmustern auszubrechen und neue Ideen hervorzubringen", sagt Romana Schwab, Innovationsberaterin bei der Agentur ITG Innovationsservice für Salzburg, die ein Partner des Projekts ist. In Workshops wird Interessierten vermittelt, wie Bionik als Kreativitäts- und Innovationsmethode eingesetzt werden kann, um gezielt neue Ideen für Probleme zu entwickeln.

"Das erste Projekt funktioniert meist nicht ohne Unterstützung, deshalb gibt es dieses Angebot", sagt Kirsten Wommer vom Projektpartner TH Deggendorf. Bei der Potenzialanalyse sei es wichtig, gemeinsam das Problem zu definieren, um die richtigen Fragen an die Natur zu stellen.

Oft sei es hilfreich, dass die Problemstellung von einer außenstehenden Person, die einen anderen Blick hat, betrachtet werde. Die Voraussetzung, um neue Lösungen zu entwickeln, sei auch eine Innovationskultur im Unternehmen, sowie genügend Zeit- und Personalressourcen, betont Wommer. Von Innovation könne erst gesprochen werden, wenn sich etwas am Markt durchgesetzt hat. "Die kreative Idee allein oder eine neue Technologie reichen nicht aus", sagt die Forscherin.

60 Ideen für eine Innovation

Für eine erfolgreiche Innovation brauche es mindestens 60 Ideen, meint Wommer. Oder anders gesagt: Nur 2,4 Prozent der Ideen würden Verkaufserfolge werden. Sieben von acht Stunden Entwicklungszeit seien erfolglos, gibt die Vortragende eine Einordnung.

Für Ingenieure oder Techniker sei es oft schwer, ein passendes biologisches Vorbild für ihr technisches Problem zu finden. "Doch in dem Pool von derzeit 2,5 Millionen bekannten Arten gibt es Organismen, die einige technische Probleme bereits gelöst haben", sagt Wommer. Wenn man genau hinsehe, seien viele Vorbilder für Produktentwicklungen zu finden. Datenbanken wie Ask Nature des Biomimicry-Instituts in den USA können die Suche nach Strategien in der Natur erleichtern. Für detaillierte Fragestellungen sei es sinnvoll, sich mit einem Biologen zusammenzusetzen.

Das ITG Innovationsservice für Salzburg begleitet Unternehmen bei Innovationsvorhaben, stellt Kontakte zu Wissenschaftern oder Kooperationspartnern her und berät Firmen bei Förderungen. Derzeit baut das ITG auch eine Datenbank mit Wissenschaftern und Experten aus, die für spezielle Fragestellungen die richtigen Ansprechpartner sind. Weitere Partner des Interreg-Projekts sind neben der TH Deggendorf die Fachhochschule Salzburg und Business Upper Austria. (Stefanie Ruep, 8.2.2018)