Noch SPD-Chef Martin Schulz und CSU-Verhandler Horst Seehofer hatten tendenziell mehr zu lachen als Angela Merkel.

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Es war Angela Merkels Vertrauter Peter Altmaier, bisher Kanzleramtschef und kommissarischer Leiter des Finanzministeriums, der am Mittwochvormittag, die Losung für den Tag ausgab: "Jetzt wollen wir alle mal duschen, denn wir haben alle hart und lange verhandelt." Sprach's und verschwand im Verkehr.

Dabei war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht alles bis ins letzte Detail klar, in der CDU-Zentrale saßen noch immer diverse Runden beisammen und tüftelten nach 24-stündigen Gesprächen an redaktionellen Änderungen im Koalitionsvertrag. Vergeblich wartete man auf eine offizielle Bestätigung durch die Chefverhandler.

"Endlich"

Immerhin, die SPD-Spitze setzte einen Tweet ab. "Müde. Aber zufrieden. Der Vertrag steht! Endlich", hieß es da, zu sehen war ein Selfie der Parteispitze. Auffällig: Im Zentrum des Selfies war Fraktionschefin Andrea Nahles postiert, SPD-Chef Martin Schulz lachte nur klein aus dem Hintergrund. Man konnte es als Omen deuten. Denn wenig später meldeten mehrere Medien, was die SPD zunächst noch nicht bestätigen wollte: Schulz wird als Außenminister ins Kabinett gehen und den Parteivorsitz an Nahles abgeben.

Gleichzeitig wurde die Aufteilung der Ressorts bekannt, und da staunten viele nicht schlecht. "Puuuh! Wir haben wenigstens noch das Kanzleramt", twitterte Olav Gutting, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Baden-Württemberg. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich bei der Verteilung der Ministerien offenbar extrem freizügig zeigen und zwei Schlüsselressorts aus CDU-Hand geben müssen.

Innenminister de Maizière geht

Das Innenministerium, bisher von Merkels langjährigem Weggefährten Thomas de Maizière (CDU) geleitet, geht an die CSU und wird künftig von deren Chef, Horst Seehofer, geführt. De Maizière, der sogar mal eine Zeitlang als Merkel-Nachfolger im Gespräch war, scheidet aus dem Kabinett aus.

Auch zugunsten der Sozialdemokraten verzichtete die CDU. Sie überlässt der SPD das Finanzministerium, eines der Prestigeressorts in einer Regierung. Von 2009 bis Oktober 2017 hat es Wolfgang Schäuble (CDU) geleitet. Übernehmen wird es der Hamburger Bürgermeister und SPD-Vize, Olaf Scholz, der zugleich Vizekanzler wird.

Am Nachmittag, als Merkel, Seehofer und Schulz dann die Einigung in einer kurzen Pressekonferenz bestätigten, gab die Bundeskanzlerin zu, dass sie bei der Ressortverteilung ziemlich abgeräumt worden ist. "Wir haben in der Sache Kompromisse gemacht und auch in der Zuteilung der Ressorts." Sie wisse, dass es vielen in der CDU schwerfalle, "dass wir das Finanzministerium nicht mehr besetzen können, das Gleiche gilt für das Innenministerium".

"Große Maßnahmenpakete"

Aber Merkel versuchte, auch auf Positives hinzuweisen: "Wir haben seit Jahrzehnten zum ersten Mal das Wirtschaftsministerium." Und dennoch: Die Frage, wer welches Ressort bekomme, sei "keine ganz einfache" gewesen. Trotzdem ist Merkel mit den Kompromissen zufrieden: "Es hat sich gelohnt." Der Koalitionsvertrag sei "die Grundlage einer guten und stabilen Regierung". Man habe "in vielen Bereichen wirklich große Maßnahmenpakete geschnürt".

Fazit der Kanzlerin: "Auch wenn es nicht einfach war, es hat durchaus auch Freude gemacht." Endgültig über den Koalitionsvertrag wird bei der CDU ein Parteitag in ungefähr drei Wochen entscheiden, bei der SPD sind es die Mitglieder.

"Passt scho", sagt Seehofer

Auch Schulz zeigte sich zufrieden und erklärte: "Dieser Vertrag ist stark von uns beeinflusst worden." Zum Schluss hatte die SPD noch erreichen können, dass die Befristung von Arbeitsverhältnissen kürzer wird. Zur Angleichung von Ärztehonoraren bei Privatpatienten und gesetzlich Versicherten wird eine Kommission eingesetzt.

"Passt scho." Das war der Kommentar von Seehofer, wobei er dies als bayerischen Ausdruck von hoher Zufriedenheit verstanden haben wollte. Schließlich seien die Groko-Pläne geeignet, "die Spaltung und Polarisierung im Land zu überwinden".

Nur mit Schulz' Deutung, dass die SPD so viel erreicht habe, war er nicht einverstanden: "Wessen Handschrift diese Koalitionsergebnisse tragen, lieber Martin, das spare ich mir bis zum politischen Aschermittwoch auf. Heute bin ich noch nicht richtig ausgeschlafen." (Birgit Baumann aus Berlin, 7.2.2018)