Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP, vorn links) will FPÖ-Gemeinderat Heinrich Sickl "an Taten messen".

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Graz – Die Angelobung eines neuen Gemeinderats in Graz ging am Donnerstag unter Protest über die Bühne: FPÖ-Mann Heinrich Sickl folgte Günter Wagner, der in den Landtag wechselt. Sickls Angelobung wurde im Vorfeld vor allem von den Grünen kritisiert, da der Sohn der ehemaligen Ministerin Elisabeth Sickl den Identitären angehören soll. Die Grünen zogen bei der Angelobung aus dem Stadtparlament aus.

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Sickls Antreten bei der Grazer Gemeinderatswahl war bereits Ende 2016 und Anfang 2017 öffentlich diskutiert worden. Als 17-Jähriger hatte er offenbar Neonazikontakte, heute vermietet er den Identitären Räumlichkeiten in einem Mehrparteienhaus in der Grazer Schönaugasse. Außerdem hatte er unter anderem bei Demonstrationen der Identitären – zum Teil auch als Ordner – teilgenommen.

"Menschenhatz"

FPÖ-Klubkollege Armin Sippel verteidigte den neuen Mandatar nach der Angelobung: "Er wurde auf die Verfassung und Gesetze angelobt, das ist der einzige Handlungsspielraum, der gilt, und der kann nicht von irgendjemand sonst, seien es Zeitungskommentatoren oder der Bundespräsident, definiert werden." Der "moralische Versuch, Grenzen zu definieren", sei eine Einschränkung der Grundfreiheiten wie der Meinungsfreiheit. Sippel wertete den Auszug der Grünen als grundsätzlichen Protest gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ. Er bat, mit "Menschenhatz und Vorverurteilungen" aufzuhören, er verwehre sich auch der Sippenhaftung.

Der FPÖ-Gemeinderat meinte, dass jeder in der Jugend Fehler mache, diese einem aber nicht ein Leben lang vorgehalten werden könnten. Die Vermietung an einen Verein habe nichts mit einer Verbindung zu einer Ideologie zu tun. Die Teilnahme Sickls an Demonstrationen der Identitären stritt Sippel nicht ab: "Er tat seine Meinung kund, nicht mehr und nicht weniger." Sickl soll im Gemeinderat für Raumplanung- und Sportagenden zuständig sein.

"Keine Meinung, sondern Rechtsextremismus"

Grünen-Chefin Tina Wirnsberger konterte: Es handle sich um keine Jugendsünden, denn Sickl sei Identitärer, und die Identitären seien vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. "Das sind keine Meinungen, sondern Rechtsextremismus." Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) unterstrich dagegen den Rahmen, den der Rechtsstaat vorgebe. Dem Gesetz nach würde es keine Gründe für eine Verweigerung der Angelobung geben. Er wolle Sickl "an Taten messen".

Unterstützung für Sickl kommt nun auch von anderer Seite. Franz Radl, mehrfach wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt, solidarisiert sich in einem Facebook-Posting und wettert unter anderem gegen den "Kurier", die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), den Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und SPÖ-Chef Christian Kern: "Nicht freiheitliche Akademiker wie Sickl werden in Zukunft 'ausgegrenzt'", wie der "Kurier" schreibe, sondern "Grenzöffner wie Mikl-Leitner (...), Merkel-Komplizen wie Häupl, Kern und Faymann werden bis hin zu kleinen Multikulti-Leuchten wie Nagl (ÖVP-Bürgermeister von Graz) 'eingrenzt' (sic!) werden." (APA, red, 8.2.2018)