Österreich wird mehr in die EU einzahlen müssen, so Daniel Gros.

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STANDARD: Das deutsche Koalitionsabkommen enthält Signale in Richtung Vertiefung der EU. Mehr Geld für die EU, ein Europäischer Währungsfonds, ein Eurobudget zählen dazu. Wird Berlin die Integration jetzt beschleunigen?

Gros: Ich glaube, man darf das Ganze nicht zu ernst nehmen. Das war für die CDU eher eine Kröte, die sie schlucken musste. In den Verhandlungen war das kein Thema, bei der SPD-Abstimmung ebenfalls nicht. Es geht mehr dar um, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hier große Pläne hat. Um den Franzosen entgegenzukommen, gibt es im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion ein paar Zugeständnisse.

STANDARD: Ein Eurobudget kann auch als Türöffner für eine Fiskalunion gesehen werden. Was meinen Sie?

Gros: Ich sehe keine Ansätze einer Fiskalunion. Ein Budget für die Eurozone oder etwas mehr Geld für die EU ändert die EU nicht grundlegend. Um ökonomisch relevante Effekte in der EU zu erzielen, müsste man schon 200 bis 400 Milliarden Euro pro Jahr bewegen.

STANDARD: Gilt das auch für das neue Kriseninstru-ment namens Europäi-scher Währungsfonds, das die Regierung in Berlin nun forciert und das an die Stelle des Rettungsfonds ESM treten soll?

Gros: Ich sehe nicht, was das am jetzigen Zustand verändern würde. Ob das nun ESM (European Stability Mechanism; Anm.) oder Währungsfonds heißt, ändert nichts an der Steuerung durch die Mitgliedsstaaten. Somit ändert sich auch an der Problematik nichts. Der ESM ist zwar ein wichtiges Instrument der Währungsunion, für die nächsten zehn Jahre werden wir ihn meiner Einschätzung nach aber nicht mehr brauchen.

STANDARD: Zurück zum EU-Budget: Die Ausfälle der britischen Nettobeiträge im nächsten Finanzrahmen sorgen für Debatten. Wien beispielsweise will seine Zahlungen nicht erhöhen. Berlin schon. Was schließen Sie daraus?

Gros: Es wird wohl zu einer leichten Erhöhung des EU-Haushalts kommen. So wie ich das sehe, wird man die Strukturfonds nicht antasten, bei kleineren Posten wie äußere und innere Sicherheit werden die Ausgaben etwas angehoben. Wer was hat, dem wird nichts genommen. Österreich wird somit ein bisschen mehr zahlen müssen. Darum wird das Land nicht herumkommen. (Andreas Schnauder, 9.2.2018)